372 Memorie: Baubefchreibung, Außeres
[chloffen, daß der Frater Johannes Fabri nur der Befteller (trog des „fecit“), der
Frater Nikolaus aber der Schreiber (und Maler?) des Buches war. Über feine Kunft
hat fich zuletzt Back geäußert (Mittelrheinifthe Kunft. 1910. S. 50 mit einer Tafel,
die das A mit der Auferftehung wiedergibt; einen anderen Initial bildet Franz Hubert
Müller (f. oben) ab). Back hebt die zarte Modellierung, die lichte Farbftimmung, die
weiche Empfindung mit Recht hervor. Der Stil dürfte innerhalb der Buchmalerei
felber fich gebildet haben: daher noch fo [pät — 1432! die treu bewahrten italienifChen
Elemente, die einft über Frankreich eingezogen waren. Andererfeits weift das feine
Stricheln in der Modellierung entfchieden auf den Zufammenhang mit der einheimifchen
rheinifchen Buchmalerei (und Graphik) hin. Frater Nikolaus war gewiß ein fertiger
Buchkünftler.
DIE MEMORIE
Aufnahmen von B. Hundeshagen (f. oben S. 6) und von H. Groß (Blätter im
Denkmalarchiv zu Darmftadt). Anfichten des Äußeren find felten. Den Zuftand
der Oftfeite von ungefähr 1820 gibt die Zeichnung von Ign. Opfermann (f. oben S. 14
und Abb. 7). Das Innere: „Tauf-Halle und Kreutsgang im Dom zu Maint“, große
Lithographie in zwei Farben, [thwarz und gelb; 46,7 x 36,7 cm groß ohne Rahmen-
linie; bezeichnet L. Quaglio del. fec. 1823: Blick gegen Süden und in den Kreuz-
gang. Der malerifche Gefamteindruck mit romantifCher Staffage war dem
Künftler wichtiger, als das Einzelne. Exemplar in der Stadtbibliothek. Ferner: Blick
gegen Nordoften (und auf das Portal zum Dom), [ehr feine Bleiftiftzeichnung auf
Pauspapier, nicht bezeichnet: 43,5><57 cm. Der Fußboden ganz und gar mit Grab-
platten bedeckt; auch an den Wänden Grabdenkmäler; aljo Zuftand vor 1837. Das
Blatt ift im Befig des Denkmalarchivs in Darmjtadt. Sodann eine Anficht, die fich
ungefähr mit der zuerft genannten deckt: Vue du Cloitre du Döme de Mayence;
Lithographie von Chapuy mit Figuren von Bayot; 40,1x 26,2 cm; gehört zu der
oben S. 15 befchriebenen Folge, vgl. Schneider, Darftellungen Nr. 51. Weiter befitt
Herr Dr. Eichhorn in Mainz noch zwei Innenanfichten der Memorie, ein Aquarell
und eine Bleiftiftzeichnung (von Kolb 1848). Endlich vgl. Schneider, Der Dom zu
Mainz Sp. 94 ff. mit einer Abbildung des Innenraums, gegen Nordweften gefehen.
Dicitur locus Memoriae, quia Horis vice singula persolutis Domini Canonici et
Vicarii illum e choro accedentes Defunctorum memoriam faciunt breviter, deut[Ch:
der Raum heißt Memorie, Ort des Gedächtniffes, weil die Herren Kanoniker und
Vikare, jedesmal wenn fie nach Vollendung der einzelnen Teile des kanonifchen
Stundengebets vom Chor dahin kommen, hier der Verftorbenen kurz gedenken. So
fagt Gudenus (II S. 860) und er wird mit diefer Erklärung das Richtige treffen. Aber
ficher ift die ftattliche Halle nicht zu dem genannten Zweck erbaut worden. Vielmehr
weckt die befondere Geftalt (das Chörlein, das föhon einen romanifchen Vorläufer
hatte!) und die Lage am Kreuzgang zunächft dem Stiftschor der Kirche nach Analogie
klöfterlicher Grundriffe die Vorftellung, es könnte diefe Memorie der einftige Kapitel-
faal des Stifts gewefen fein. Mehr weiß ich nicht zu fagen.
BAUBESCHREIBUNG
Wie ein Blick auf den Grundriß (Tafel 5) und den Schnitt (auf Tafel 13) lehrt,
handelt es fich um eine nahezu quadratifche Halle, die fich in die einfpringende Ecke
zwifchen dem füdlichen Querhausarm des Weftbaus und dem füdlichen Seitenf%hiffein-
[chiebt, mit einem einzigen kuppelförmigen Kreuzrippengewölbe bedeckt ift und [ich
nach Often in einem gotiföhen Chörchen erweitert. Der Bau wird alfo nördlich von