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Memorie: Denkmäler
Armen fühwebt. Unten im Bogenfeld knieen und ftehen um den leeren Hügel elf
Apoftel und Maria; ganz vorn links, von einem der Apoftel empfohlen, der verftorbene
Prälat. Sein Wappen wurde fChon befprochen.
Wenn f&hon die Dekoration hier mit Beftimmtheit auf das Heufenftamm-Denkmal
hinweift (f. oben S. 273), fo find wir doch unferem Denkmal gegenüber nicht allein
auf Stilerwägungen angewiefen: das Werk ift bezeichnet.!) In den Grotesken, welche
die Pfeiler des Himmelstabernakels oben f£hmücken, hängen Schildchen. Auf ihnen
lieft man links: 15 - 64, rechts: DS.
Wir haben alfo ein Werk des Dietrich Schro
vor uns. Er oder feineWerkftatt zeigt fich hier nicht eben berückend. Das Ganze hat
etwas UngefChlachtes. Die Figuren find mit mächtigen Gliedern begabt, ungefüge
bewegt, haben kurze Hälfe und breite föhwere Köpfe. In den Gefichtern herrfcht das
Bemühen, die animalifche Kraft, das Fleifch zur Geltung zu bringen : Wulfte über den
Augen, an der Nafenwurzel, die ftark hervortretenden Backenknochen, die fchweren
Haarperücken, das alles wirkt in diefem Sinne. Das Gewand ift natürlich drapiert,
weich und voll, mäßig gebaufcht; einzelne Motive kehren wieder, fo wird gern ein
Mantelzipfel herumgenommen und durch den Gürtel gefteckt u. a. m. Das Porträt
des Domherrn ift das erfreulichfte Stück des Ganzen.
Von den Grabplatten, die den Boden bedecken, fei hier nur die jüngfte er-
wähnt. Sie deckt das Grab des um die Gefchichte des Mainzer Domes fowie um die
Domdekan Erhaltung des Baues und befonders die feiner Denkmäler hochverdienten Dom-
FranzWernergekans Franz Werner 1845, im Grundriß auf S. 230 bei ff. Die einfache
rechteckige Platte aus rotem Sandftein trägt außer Kelch und fegnender Rechte, dem
Sinnbild priefterlicher Würde, nur die Infchrift, die 1890 erneuert wurde. Das Nähere
bei Fr. Schneider, Domdekan Franz Werner. Mainz 1899. S. 3ff., wo auch die Grab-
[&hrift wiedergegeben ift.
Unter den übrigen Grabplatten in der Memorie ift keine einzige, die fo erhalten
wäre, daß fie noch als Kunftdenkmal befchrieben werden könnte. Die Entzifferung
der Infthriftenrefte aber und damit die Beftimmung der Steine muß einer befonderen
Unterfuchung vorbehalten bleiben, die mit Hilfe der fthriftlichen Überlieferung über
diefe Denkmäler das der Erinnerung Würdige für die Gefchichte zu retten hätte.
Was wir fo beföhrieben haben, ift auch hier wieder nur ein kleiner Teil des einft
Vorhandenen. Die Schilderungen von Joannis, Bourdon und Gudenus geben beträcht-
lich mehr. Und wieder find es die fihweren Jahre um 1800 gewefen, die zerftörend
gewirkt haben. An zwei Stellen hat Bodmann feinem Unwillen über die Verwüftung
in der Memorie Luft gemacht. In fein Handexemplar des Gudenus?) trug er die Notiz
ein: „Von diefen Epitaphiis find viele ungemein fchätbare Stücke A. 1803 und 1804
abgehauen, zu Treppen adaptirt und juffu Episkopi zur Herftellung des Doms ver-
wendet worden. Auch hat man in loco memoriae alle Epitaphia ganz anders gelegt,
fo daß faft keines an feinem Ort geblieben ift, und manche Neue dahin gebracht, fo
nie dafelbft lagen.“ Und einer Zeichnung, die er von einem Stein in der Memorie
anfertigte (f. unten),?) fügte er die Bemerkung bei, der Stein fei in die Memorie ver-
fegt worden, um mit anderen „die Leichfteine der Domherren, fo man zu Stiegen
u. a. Bäulichkeiten des ruinierten Doms auf eine föhnöde Weife verfchlagen, abge-
hauen und verbraucht hat, zu remplacieren. Vah dedecus“! Man wird annehmen
') Bevor ich mich noch eingehender mit dem Denkmal befchäftigt hatte, entdeckte.Herr
cand. W. Strübing, der eine Arbeit über diefe Renaiffance-Denkmäler vorbereitet, die Signatur.
Ich bin ihm für den Hinweis darauf zu lebhaftem Dank verpflichtet.
2) Jett in der Stadtbibliothek II S. 860 £.
°) In der Stadtbibliothek Mappe III, 26.