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488 Kapitelftube, Denkmäler: Wandteppiche
« Die Zeichnung ift nicht befonders fein, doch handwerklich tüchtig. Dagegen ift die
farbige Haltung reich und feurig. Es kommen an Farben vor: zweierlei Rot, ein Grau-
rofa, zweierlei Blau, Graublau, Blaugrün, Gelbgrün, Gelb, Braun, Weiß. Die Haupt-
farben find jeweils mit dunkleren Tönen derfelben Farbe fChattiert; doch wird z. B.
auch Blaugrau mit Rofa und Gelb fogar komplementär mit Blau modelliert. Befonders
[chön ift die Darftellung eines Brokatftoffes in Weiß und Gelb. Vgl. zur Stilbeftiimmung
auch die Bemerkungen von Frau B. Kurth a. a. O.
5. Zwei Teppichftücke mit dem Wappen des Erzbifchofs Albrecht von
Brandenburg. BourdonS. 9. Fr. Schneider, Künftler und Kunftwerke der Renaiffance
in Mainz. Korrefpondenzblatt des Gefamtvereins der Deutfchen Gefch.- und Alter-
tumsvereine 24. 1876. S.61. P. Redlich, Cardinal Albrecht ufw. Mainz 1900. S. 207.
Die beiden Teppiche, je 1,20 x 2,30 m groß (ungefähr), zeigen auf tiefblauem Grunde
großformige Blumenftauden und Blattgewächfe und darauf, jedesmal etwas feitwärts
von der Mitte, das Vollwappen Albrechts mit den brandenburgifchen Herrfchaften im
Schild. Auf dem Herzfeld find die Schilde von Mainz, Magdeburg und Halberftadt
aufgelegt. Hinter dem Schild kreuzen fich Kurfchwert, Kreuz und Bifchofftab; darüber
[&hwebt der rote Kardinalshut (mit beiderfeits je 10 Quaften(!)). Die Zeichnung ift vor-
trefflich. An Farben kommen vor — freilich ausgebleicht, aber noch immer kräftig
ein helleres Blau, Blaugrün, Grün, Gelbgrau, Gelb, Schwarz, Weiß und wenigRot. Der
Gefamteindruck ift fehr fthön, tonig, tief blaugrün. Offenbar find die Stücke nur Bruch-
ftücke aus einem größeren Ganzen. Und da läge die Vermutung nahe, die Teppiche
könnten. Überrefte des Prachtftücks fein, das Bourdon im Weftchor des Domes fah
und folgendermaßen würdigte: ... a sinistra baldachini archiepiscopi pendet tapes
elegans cum multis insignibus et inscriptione: Arma tot praeclara..gerit Albertus....,
qui templum magnificentissimum, cui ad aureum velum nomen est, Hallis condidit,
collegiumque religiosum .... apposuit, natus anno 132 (sic!), anno Christi 1522. Wenn
die Vermutung richtig wäre, dann ftammten unfere Bruchftücke alfo von einem Teppich,
der einft die Stiftung Albrechts, das Neue Stift in Halle, ['hmückte und endlich, nach
der Aufhebung desStifts (1541), nach Mainz kam (vgl. Redlich a. a. O.). Allein die-
fer Annahme fcheinen die 10 Quaften des Hutes zu widerfprechen: Der Kardinalshut
hat bekanntlich 2x 15 und nicht 2x 10 Quaften. Dennoch ift nicht an den erzbifchöf-
lichen Hut zu denken: diefer ift nie rot. Und überdies führt Albrecht zweifellos auch
als Kardinal noch wiederholt einen Hut mit 10 Quaften im Wappen (vgl. Stöhl, Herald.
Atlas. Stuttgart 1899. Tafel 50. Schrohe, Auf[. u. Nachw. S. 96 f. und Tafel II Abb. 5.
Endlich die Grabplatte f. oben S. 266ff. und Tafel 52,a). Darnach ift mindeftens
durchaus möglich, daß unfere Bruchftücke zu dem Teppich von 1522 gehört haben.
6. Orpheus-Teppich.
Der Teppich, 2x 2,37 m groß, ift vollftändig und im ganzen gut erhalten. Ein
größeres Flickftück ift im unteren Felde innerhalb des Ovals links am Rande einge-
fest. Im Unterrande ift die Mitte ausgeflickt. Der Teppich ift quer in zwei annähernd
gleich große Felder geteilt. Das untere Feld füllt eine ovale Rollwerkkartufche. In
dem Oval ift Orpheus dargeftellt, unter einem Baume figend und die Leier [pielend,
rings um ihn in reicher Landfchaft zahlreiche Tiere. Aus dem horizontalen Abfchluß
des Rollwerkrahmens, der das obere Feld des Teppichs von dem unteren trennt,
entwickelt fich in der Mitte in das obere Feld hinein eine konfolartige Bekrönung, die
eine Vafe mit einem üppigen Blumenftrauß trägt. Zu’beiden Seiten fteigen Füllhörner
mit großblättrigen Stengeln auf. Dicke Blumenguirlanden find oben quer aufgehängt;
noch üppigere Fruchtgehänge ziehen fich von den oberen Ecken fihräg einwärts zu