Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

Weftbau 
Querhaus 
Südflügel 
     
   
  
  
  
   
    
   
   
   
    
    
    
  
    
  
   
    
    
   
    
  
  
   
    
    
   
    
    
   
    
  
    
64 Baubefchreibung, Äußeres: Weftbau 
Die Strebepfeiler haben denfelben Charakter wie die der Nordfeite. Die Ab- 
deckungen gehören hier durchweg erft dem 19. Jahrhundert an. Die ganze Südfeite hat 
bei dem Brand von 1793 außerordentlich gelitten. Die urfprüngliche reiche Bekrönung 
der Strebepfeiler läßt fich noch aus dem Überreft erfchließen, der in der Südoftecke 
der Kapellenreihe in der Kreuzgangwand oben eingemauert ift. In der Abbildung 31 
ift der Verfuch einer Rekonftruktion gegeben. 
Im vierten Joch von Often her fit unten eine kleine gotifche Pforte (vermauert) mit 
gekehltem Gewände. 
Die Fenfterarchitektur ift nüchterner als die der Nordfeite, knöchern fagt Schneider. 
Die Rundftäbe mit den Laubkapitellen fehlen. Bis auf das lette, öftlichfte, find die 
Fenfter untereinander gleich (vgl. Tafel 13 und Tafel 14a und b). Über das einzelne 
wird unten zu handeln fein (f. die Befchreibung des Innern). Hier foll nur noch hervor- 
gehoben werden, daß zwar die ganze Kapellenreihe [ehr ftarke Erneuerungen erfahren 
hat, daß aber, wie man fich leicht überzeugen kann, überall, insbefondere in den Ge- 
wänden, alte Steine genug erhalten find, die den alten Zuftand ficher erföhließen laffen. 
Nur die Wimperge, die einft die Fenfter krönten, find nicht mehr ganz genau zu re- 
konftruieren: die Refte über den beiden öftlichen Fenftern genügen dazu nicht. 
Der Bauftoff ift — abgefehen von den wieder verwendeten Kalkftein- und älteren 
Sandfteinguadern — durchweg Mainfandftein. Steinmetzeichen finden fich an den 
gotifchen Quadern, foviel ich fehen konnte, nicht. Dagegen zeigen alle gotifche Quadern 
und ebenfo die meiften älteren (romanifthen) Zangenlöcher. 
Die Kapellen der Südfeite find — von Weft nach Oft — ungefähr zwifchen 1300 
und 1320 errichtet (vgl. oben S. 20f. zu den Jahren 1300 und 1319). 
Der Weftbau läßt die reiche Gliederung des Innenraumes auch von außen deut- 
lich erkennen (vgl. den Grundriß Tafel 5 und die Tafeln 15 und 25). Zunächft ift da ein 
mächtiges Querhaus, an das fich ein vielgliederiger, zentral geftalteter Chor weftlich 
anfchließt. Diefen Chor bildet ein Aufbau von der Höhe des Querhaufes über quadra- 
tifchem Grundriß, der über feinen drei freien Seiten je einen Giebel und dement- 
fprechend ein Kreuzdach trägt. Jede der drei Giebelfeiten erweitert fich unten bis zu 
beträchtlicher Höhe in einer dreifeitigen Nifche, deren Dach fich als Abfchnitt eines 
Zeltdaches oder als beiderfeits fChräg abgewalmtes Pultdach je dem zugehörigen Giebel 
anlegt. Über der Vierung erhebt fich ein ftarker achteckiger Turm, deffen erftes noch von 
den Dächern angefchnittenes Gefchoß wie die beiden folgenden freien Gefchoffe ro- 
manifch ift, während das nächfte hohe Stockwerk der Gotik und der ‘obere Abfchluß 
gar erft den Jahren 1769-1773 angehört. - Endlich find aus den Strebepfeilern, die 
den beiden freien Ecken des Chorquadrates vorgelagert, d.h. alfo in die einfpringenden 
Winkel zwifchen je zwei Chornifchen eingebaut find, oberhalb der Dächer zwei acht- 
eckige Türmchen entwickelt. 
Beginnen wir die Befchreibung mit der Charakteriftik des Querhaufes, und zwar 
zunächft des Südflügels. Die Oftfeite ift unten völlig eingebaut: hier ftößt die Memorie 
an. Weiter oben zeigt fie nur eine befcheidene Gliederung (vgl. Abb. 7 S.13). Da 
find zwei Fenfter mit einfach abgefchrägtem Gewände in die Fläche gefchnitten. Das 
Dachgefims (von unten nach oben), aus Viertelftab, Kehle und Platte beftehend, lädt 
ziemlich ftark aus. Unter dem Gefims läuft ein Rundbogenfries, wie überall am Weft- 
bau aus Platten hergeftellt, die Bogenfüße auf dekorierten Konfölchen (vgl. Abb. 268). 
Diefer Rundbogenfries geht von der breiten Eckvorlage aus. Die Eckvorlage ift aber 
hier — wahrfcheinlich von Anfang an mit Rückficht auf den beabfichtigten Anbau 
nicht heruntergeführt, fondern fchließt wenig unterhalb des Rundbogenfriefes mit einem 
   
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