Full text: Der Dom zu Mainz (B, [2], Band 2, Teil 1)

   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
Entftehungs- 
zeit 
    
18 Baubefchreibung, Äußeres: Weftchor, Entftehungszeit 
gegliederten Teile der einfpringenden Chorgalerie brach man forgfältig ab und fette 
fie als Bekrönung des eingefügten Zwifchenftückes wieder auf. Das ganze Unternehmen 
gehört der Bauperiode unmittelbar nach Vollendung wenigftens der Hauptteile des 
ganzen Weftbaues an (f. unten bei der Befchreibung des Inneren das über die „Pfeiler- 
durchbrüche“ Gefagte). 
Diefe ganze Erörterung legt uns die Frage nach der Chronologie des Chorbaues 
nahe. Ich habe oben gefagt, daß die beiden Flügel des Querhaufes annähernd gleich- 
zeitig entftanden fein dürften. Wie ftellt fich dazu der Chor? 
Die eigentliche Architektur gibt keinerlei Anhaltspunkte zu einer Scheidung. Auch 
der Meifter des Chores war fich über die Logik der (gotifchen) Konftruktion noch nicht 
klar. Die Behandlung der Strebepfeiler und Wandflächen ift der an den Querhaus- 
flügeln durchaus verwandt. Eher zeigt die Dekoration einen gewiffen Wandel. Der 
Chor teilt einerfeits mit dem füdlichen, andererfeits mit dem nördlichen Querhaus- 
flügel je eine Reihe Einzelheiten: mit dem Südflügel das Mäanderband (das am Nord- 
flügel nicht mehr vorkommt), die Form des einfachen Rundbogenfriefes auf Konfolen, 
die Art des (derben) Blattwerkes an den Kapitellen (f. oben S. 74). Mit dem Nordflügel 
hat er das gefchmückte Hauptgefims gemeinfam, und die Wandgliederung fchloß fich — 
wenigftens an der Nordfeite — der des Nordflügels genauer an. Anderes ift beiden 
Querhausflügeln und dem Chor gemeinfam. Und endlich finden fich am Chor Ele- 
mente, die dem Querhaus fehlen, fo der niederrheinifche Tafelfries und die „nord- 
franzöfifchen“ Rofen. 
Wenn man fich das vergegenwärtigt, wird man fich dem Schluß nicht entziehen können, 
daß der Chor mit dem Querhaus zufammen geplant, in feinen unteren Teilen wohl 
auch annähernd gleichzeitig gebaut, in feinen oberen Teilen aber etwas jünger fein 
dürfte. Daß wir dem Meifter des nördlichen Querhausgiebels hier nicht wieder be- 
gegnen, wird feineeinfache Erklärung darin finden, daß dieferMeifter damals föhon weiter- 
gezogen war: feine Tätigkeit bildet nur eine 
Epifode in der Entftehung des Weftbaues. 
Wenn fich diefe Epifode einigermaßen genau datieren ließe, könnten wir auch die 
Entftehungszeit des ganzen Weftbaues zuverläffig beftimmen. 
Nach den Ausführungen von Herm. Giefau 
(f.obenS. 69) wäre zwar nicht vollkommen 
ficher, ob der Meifter — oder Steinmet — unferes Nordgiebels von Mainz nach Franken 
ging, oder ob er von dort nach Mainz kam. Dagegen ftheint zweifellos, daß er erft [päter 
nach Walkenried (und Halberftadt) abgewandert ift. In Walkenried wird der Chor, um 
den es fich hier handelt, in den zwanziger Jahren gebaut. So ergäben fich für Mainz als 
vermutliche Zeit der Tätigkeit unferes Meifters fpäteftens die Jahre 1215-1220. Das 
würde nun recht gut zu dem paffen, was wir fonft von der Bauzeit des Weftbaues 
wiffen. Querhaus und Chor können etwa 1195 begonnen fein. Um 1215 war man 
dann bis in die oberen Regionen der Querhausflügel und wahrfcheinlich auch fehon 
am Chor ziemlich weit heraufgekommen. In 
die zwanziger Jahre des 13. Jahrhunderts 
fiele die Vollendung des Chores und mindeftens der Beginn der Türme. 
Nun ift aber meines Erachtens nicht einwandfrei feftgeftellt, ob wir wirklich in 
Mainz, Walkenried und Halberftadt einen und denfelben Meifter anzunehmen haben.!) 
Und damit fiele auch jener Anhalt zu einer chronologifchen Beftimmung weg. Indeffen 
!) Nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Dr. Giefau ift auch ihm das keineswegs 
ganz ficher. Dagegen betont er allerdings die über Allgemeinheiten beträchtlich hinausgehende 
Verwandtfchaft zwifchen dem Mainzer Nordgiebel und den Portalen zu Halberftadt und 
Arnsburg, was uns nur freilich für die Chronolo 
der ganze Weftbau entftanden fein. 
gie nichts lehrt. Denn vor 1240 muß fowiefo 
   
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