Full text: Kreis Büdingen ([C, 1])

Jerusalemerthor Die Trefflichkeit der in Rede stehenden Wehrbauten ist 
KREIS BÜDINGEN 
türmchen. Denn der untere, auf der Stadtmauer ausgekragte Teil desselben ist 
älteren Datums als der obere; und die Schildform des daran angebrachten ysen- 
burgschen Wappens lässt auf dessen Entstehung um oder vor 1400 schliessen. 
besonders augen- 
scheinlich bei der äusseren Unterpforte, dem sogen. Jerusalemerthor, das als Vor- 
werk der inneren Unterpforte bei Errichtung der äusseren Stadtmauer im Anschluss 
an dieselbe hergestellt werden musste. Ein Bild des Bauwerks gibt Fig 
5' 
52, eine 
genaue Darstellung desselben in Grundrissen, Aufriss und Durchschnitt, nebst ein- 
gehender Beschreibung der Anlage, die Veröffentlichung Gladbachs.*) 
  
Fig. 52. Büdingen. Thor und Türme der nordwestlichen Stadtmauer. 
Man hat den Namen »Jerusalemerthor« mit der zwischen 1487 und 1490 erfolgten Reise 
Philipps, des ältesten Sohnes Ludwig II., in’s gelobte Land in Beziehung zu: bringen und damit 
zu erklären gesucht, dass das Bauwerk einem der Thore von Jerusalem nachgebildet worden sei. 
Allein irgend etwas spezifisch Morgenländisches hat das Jerusalemerthor zu Büdingen nicht; auch 
scheint diese Bezeichnung nicht in der Zeit seiner Erbauung, kurz nach 1500, sondern erst viel 
später aufgekommen zu sein; denn in den Urkunden und Stadtrechnungen vom Anfang des 16. 
und des 17. Jahrhunderts ist nicht von dem Jerusalemerthor, sondern stets von der Unterpforte 
und vom Unterthor, oder von der Kreuzpforte die Rede, ohne dass zwischen dem inneren und 
äusseren Thorbau besonders unterschieden zu sein scheint. 
In Wirklichkeit war dies allerdings der Fall, denn es ist z. B. »die innerste Pforte bey 
der Melwage« mehrfach ausdrücklich erwähnt, auch wird bei jeder der drei. Pforten ausser dem 
»pforthus« oder der »pfortstobe« eine besondere »pfortwacht« und ausser dem Pförtner noch deı 
Beiwächter genannt. 
Die öfters vorkommende Senennung »Kreuzthor« wird wohl daher rühren, dass ausserhalb 
dieses Thores nächst der Linde ehemals 3 Kreuze standen.**) 
Zwei starke runde Türme schliessen das im Spitzbogen vewölbte Thor ein 
und treten vor dieses und die Stadtmauer nach aussen über die Hälfte vor. Eine 
mit Blendmasswerk reich verzierte Brustwehr krönt den Bau und deckt den ge- 
räumigen Umgang, der mittels drei Stufen auf- und abwärts über das Thorgewölbe 
hinweg geführt ist und die beiden Türme oben miteinander in Verbindung setzt. 
*) In Denkmäler Deutscher Baukunst III Taf. 19—51 u. 9, ı 
3 
In der ältesten Abbildung der Stadt von ı618 (S, ıı 3) angegeben. Das »stainkreutz vor der vnderpforten 
wird 1529 erwähnt. Daher wohl auch die S. 97 erwähnte Benennung »Kreuzgarten«, 
   
    
  
   
   
      
   
   
    
   
   
      
    
     
  
   
   
   
    
    
       
          
    
   
     
   
	        
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