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OBER-WIDDERSHEIM
Nur eine der drei im Turm aufgehängten Glocken ist alt. Sie misst unten
0,54 m Weite und hat am Hals in erhabenen gotischen Majuskeln (18 bis 23 mm
hoch) die Namen der vier Evangelisten LUVAAS DARAVS : DATAVS -
IORANNAS - eingegossen. Die Glocke mag der ersten Hälfte des 14. Jahr-
hunderts angehören.
Bemerkenswert ist ein altertümliches Haus No. 17 und 18, mit steinernem
Erdgeschoss und zwei Obergeschossen. An der östlichen Langseite führt ein Spitz-
bogenthor ins Innere, zu dessen Seiten in den Fensterstürzen zu lesen ist: links,
ANNO : DNI: 1576, rechts, IOHANNES : CHELIVS:W- PF. Das Haus gehörte
somit dem gleichnamigen, in der Kirche begrabenen Pfarrer (s. o.). An der Giebel-
seite desselben Hauses findet sich die in der Wandschwelle über dem Erdgeschoss
eingeschnittene Inschrift: NOSTRVM - OPVS: VT LAVDI - SERVIAT -OMNI:
TVA : Ein gutes, altes Holzhaus, jetzt No. 21, hat geschnitzte Eckpfosten, darunter
eine ganz unleserliche Inschrift mit der Jahreszahl 1687. Das Wirtshaus ist mit
einer gezimmerten Vorhalle, zu der eine vorgelegte Freitreppe führt, versehen, und
Ähnliches findet sich an anderen Häusern des Ortes.
Die Anhöhe »auf der Burg«, ı km südlich von Unter-Widdersheim, ist längst
als Teil der römischen Grenzwehr erkannt, welche nach Kofler’s Untersuchungen *)
an der Westseite des genannten Dorfes, sodann etwas weiter nördlich an einer
weiteren Römerstätte, dem »Massohl«, vorüberzog.
Im Wald bei Unter-Widdersheim, wenige Minuten südöstlich vom Ort ent-
fernt, ist auf flachem, nicht felsigen Boden ein Monolith errichtet, welcher ungefähr
2,30 m hoch emporragt, 0,70 m im Erdreich steckt und ı m darüber 5,60 m im
Umfang misst.**) Der Stein, welcher zu den aus früh- oder vormittelalterlicher
Zeit herrührenden »Hinkelssteinen« gehört und im Volksmund »Kindchesstein«
heisst, nimmt nach oben die Gestalt eines gespaltenen, rundlichen Kegels an und
soll aus einem 5 bis 6 km von Unter-Widdersheim entfernten Bruch gewonnen
sein, wo die Gesteinsart Phonolith oder Klingstein, aus der er besteht, allein in
der Gegend vorkomme.
Ob der »Kindchesstein«, um dessen Untergrund sich Reste frühmittelalterlicher
Thongefässe und Kohlen fanden, als Malstein oder Grenzstein bestimmt war, bleibt
dahingestellt.
*) Quartalbl. d. hist, Ver. f. d. Grossh. Hessen, 1886, S. 29 ff.
**) Kofler, in Jahresber. d. Oberh. Ver. f. Localgesch. V. S. 5 ff. mit Abb., ebendas. Sagen.
Alte Häuser
Römische und
vormittelalterl.
Überreste