Full text: Kreis Büdingen ([C, 1])

    
60 KREIS BÜDINGEN 
schmale, mit geradem Sturz überdeckte Schlupfthüre angebracht. Zu beiden Seiten 
stehen, gleichsam als Thorwächter, die Steinbilder zweier wilden Männer: Schild- 
halter mit dem ysenburgischen und stolbergischen Wappen, die unter Ludwig Casimir 
um 1770 angefertigt und später an diese Stelle versetzt wurden. An der Abfasung 
des Thorbogens finden sich mehrere Steinmetzzeichen (I bis 7 u. 9 bis ıı), 
    
welche zum Teil dieselben wie die an den Befestigungstürmen und am Rathaus 
vorkommenden und sehr ähnlich, zum Teil gleich denjenigen der Stadtkirche (S. 43) 
sind. Von dem Erbauer der letzteren wurde auch diese Thorhalle (5) der Burg 
vorgebaut; dies bekunden die im Schlussstein des Rippengewölbes der Halle ange- 
brachten, mit Helmschmuck versehenen Wappenschilde von Ludwig II. von Ysenburg 
und seiner Gemahlin Marie von Nassau, welche von einem Vierpass umschlossen 
sind. Die Kreuzungen der sternförmig sich schneidenden Rippen bezeichnen 
4 kleinere Wappenschilde, deren jetzige Abzeichen indes erst in späterer Zeit 
aufgemalt zu sein scheinen. 
Diese Thorhalle wurde damals offenbar zum Zweck besserer Verteidigung 
der inneren Burg hergestellt, um von den beiderseits angebrachten Schiessscharten 
aus den Wassergraben bestreichen zu können; ungefähr ein halbes Jahrhundert 
später wurde noch der oben beschriebene Wachtbau als Vorwerk der äusseren 
Burg hinzugefügt, oder umgebaut. 
Auf den Vorbau 5 folgt der Bogen der Thorhalle 6, welcher noch ins 14. Jahr- 
hundert oder ganz in den Anfang des I5. gesetzt werden kann. Darauf deuten 
nicht allein die Gliederungen der Spitzbogenöffnung und der Vierpasstafel darüber, 
sondern auch die Schildform der beiden Wappen und insbesondere diese selbst: 
im oberen Vierpass auf schräg gestelltem Schild die zwei Querbinden derer von 
Ysenburg, darunter in dem senkrechten, von einer männlichen Figur gehaltenen 
Schild der katzenelnbögische Löwe, woraus mit Sicherheit zu schliessen ist, dass 
Johann II., 1384—1408, und- seine Gemahlin Margarethe von Katzenelnbogen 
diesen Thorbogen erbauen liessen. 
Den Verschluss des letzteren bildete ein mittels starker Querbalken ver- 
schlossenes Drehthor. Zu beiden Seiten der Halle liegen untergeordnete Räume; 
die kleine Wendeltreppe zur Linken führt nach unten zu einem jetzt verschütteten 
unterirdischen Gewölbe, nach oben zu einem kleinen Gemach. 
Diese Räume gehörten ohne Zweifel zu den in den Teilungsurkunden*) von 1517, 1519, 
1529 u. s. w. genannten »Bew vnd Gemach samt der Schreybstuben neben und uber der Pforten... 
im Innern Schloss«. Auch »das Gewelb an der Schrybery, darinnen die gemeinen Brieff verschlossen 
liegen«, ist hierbei erwähnt. 
*) Vergl. 9.31 
    
  
  
     
   
   
   
    
  
   
   
   
    
   
     
   
    
   
    
   
   
   
   
    
     
    
    
   
    
     
    
     
      
     
      
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