u EEE LET nr De new are e - = u P DIOR, re
BAD NAUHEIM 9
der Steinmetzzeichen finden sich auf den Quadern Buchstaben: WDC etc. Der
dreistöckige mit kräftigen Profilen gegliederte Thurm hat den in der Wetterau
üblichen beschieferten Holzaufsatz mit schönem Kreuz aus Schmiedeisen.
Die ehemals reformirte, jetzt noch zum evangelischen Gottesdienste benutzte
Wilhelmkirche ist in gleichem Stile 1740 erbaut worden. Sie hat Emporen, eine
flache, schlicht bemalte Spiegeldecke und wie die Reinhardskirche im Westen einen
Thurm im Stile der Zeit. Ueber dem Portale ist das kurhessische Wappen aus
Sandstein angebracht. Die Orgel stammt aus dem Jahre 1742 und hat ein der
Zeit entsprechendes Gehäuse mit Schnitzwerk.
Ein grosser Taufstein aus Lungenbasalt mit Bogenverzierungen stammt noch
aus romanischer Zeit. Er befindet sich im Hofe des Pfarrhauses.
Ein im Parke stehender runder Thurm, der sog. »Waizische Thurm,« trug
ehemals eine Windmühle, die zum Pumpen der Soole aus dem unter ihm angelegten
Brunnen benutzt wurde; er ist im Jahre 1737 erbaut worden.
Die salzhaltigen Quellen Nauheim’s sind schon in altgermanischer und römischer
Zeit zur Salzgewinnung ausgenutzt worden. Die Siedestätten befanden sich am
Fusse des vom Usabett aus sanft ansteigenden Johannisberges zu beiden Seiten der
heutigen Kurstrasse.. Vor mehreren Jahrzehnten hat man eine Anzahl- alter Salz-
siedeeinrichtungen in ziemlich gut erhaltenem Zustande vorgefunden. Dieselben
bestanden aus grossen Siedetöpfen aus Thon, die in kreisförmige Feuerstätten einge-
mauert waren, welche einen offenen Vorbau und hinten einen ähnlichen An-
bau mit einer oberen Oeffnung als Feuerungsanlage hatten. Die Töpfe selbst waren
auf drei vierseitige, gebrannte Thonpfeilerchen gestellt und an Ketten aufgehängt;
sie waren durchschnittlich unten 0,25 m, oben 0,55 m breit und 0,8 m hoch,
also von ganz beträchtlicher Grösse, vortrefflich gearbeitet und hart gebrannt. !)
Diese Salzsiedeeinrichtungen stammen, wie neuere Funde gleichartig gestalteter Gefässe
mit ihren Beigaben als zweifellos erkennen lassen, aus römischer Zeit, in der allem
Anscheine nach die Germanen das Geschäft der Salzgewinnung fortsetzten, sich
aber von den römischen Herrschern in der Töpferindustrie beeinflussen liessen.
Denn auch diese grossen Gefässe sind anscheinend nicht ohne Hülfe der Töpfer-
scheibe gearbeitet, wie dieses für eine grosse Anzahl anderer gleichzeitiger
und an gleichen Orten gefundener Gefässe feststeht. Wir lassen es dahingestellt
sein, ob dieses Volk, welches römische und germanische Kulturelemente noch mehr
nebeneinander als verschmolzen zeigt, mit dem Namen »Chatten« zu belegen ist.
Ein östlich vom Bahnhof Nauheim gelegenes grosses Gräberfeld gehörte gleichfalls
dieser Zeit an, mag aber zum Theile noch älter sein.?) Die Herren von Hanau bezogen
von jeder Siedepfanne jährlich ein Bestandgeld von 2 Gulden. Im Jahre 1598
waren 33 Siedepfannen vorhanden. Seit 1585 wurden die Pfannen und der Salz-
betrieb Eigenthum der Grafen von Hanau.
Von der ehemaligen, am Fusse des Johannisberges gelegenen, bis 1578 den
Herren von Selbold, alsdann den Herren von Rheinberg und seit 1702 den Herren
Greifenklau gehörigen Burg ist nichts mehr vorhanden.
ı) Vgl. Ludwig, Die alten Salinen bei Bad »Nauheim« im Arch., Bd. XI. S. 46 etc.
2) Vgl. Correspondenzbl. des Gesammtvereins deutscher Gesch.- und Alterthumsvereine, 30. Jahrg. 1882. S. 8.