Full text: Kreis Friedberg ([C, 2])

ILBENSTADT 145 
lässt. Leider ist gerade 
dieser Theil der Kirche 
durch einenothwendig 
gewesene Wiederher- 
stellungin neuerer Zeit 
sehr stark entstellt und 
in einzelnen Stücken 
seines Formcharakters 
beraubt worden. 
Die mit einem 
neuen Gewölbe über- 
deckte Vorhalle öffnet 
sich an der Westseite 
mit zwei rundbogigen 
Arkaden, die in der 
  
Mitte von neuen ge- 
  
ne mw Fig. 90. Ilbenstadt. Kapitäle der Vorhalle. 
gebauchten Gestalt mit (Am Portal zum Mittelschiff). 
dem Stile des Ge- 
bäudes nicht in Einklang stehenden Säulen getragen werden. Die rechteckige Halle selbst 
wird von den Mauern der Thürme und der Westseite des Mittelschiffes umschlossen. Je 
2 Blendarkaden, die an der Nordseite auf schlichten, an der Süd- und Ostseite auf orna- 
mentirten Kapitälen der Mauerpfeiler ruhen, beleben die seitlichen Flächen. Ein Socke] 
mit attischer Basis umzieht im Innern die Halle und setzt sich um die westlichen 
Pfeiler und die Aussenseiten der Thürme fort. Während wir nun hier an den 
Quadern die im Innern angewendete Technik des Schlagrandes und in den Würfel- 
und den aus Wulst und Karnies zusammengesetzten Kapitälen der Pfeiler an der 
Nordseite die uns aus dem Innern der Kirche bekannte Form wiederfinden, 
treten andererseits an den Kapitälen der Südseite doch Einflüsse hervor, welche 
auf eine ernstere architektonische Auffassung und Schulung ihrer Schöpfer schliessen 
lassen. Wir stossen nämlich hier auf korinthisirende Kapitälle mit Akanthus- 
blättern und Vogelfiguren, wie das 12. Jahrhundert sie mehrfach geschaffen hat, 
und zwar sind das Kapitäl des mittleren Arkadenpfeilers (Fig. 91), ein Kompositkapitäl, 
und die Vogelgestalten (Fig. 90) den entsprechenden Formen an der südlichen Durch- 
gangshalle des Östchores am Mainzer Dome so nahe verwandt, dass ein Zweifel über nahe 
Beziehungen dieser beiden Werke mittelalterlicher Steinmetzkunst nicht aufkommen 
kann.!) Findet sich doch an ihren korinthisirenden Kapitälen sogar dieselbe 
eigenthümliche Anordnung des umgekehrten Eierstabes. Der vordere Pfeiler der- 
selben Seite (Fig. 92) zeigt wieder romanisches Rankenwerk mit einer männlichen 
Figur, wie wir es ähnlich an den Pfeilern der Vierung angetroffen haben. Eine 
Erhärtung erfährt übrigens jene Beziehung noch dadurch, dass der oben in Figur 
88 abgebildete Centaur ein Seitenstück in dem Centaur des genannten Mainzer 
ı) Diese Verwandtschaft hat schon Schneider a. a. O. S. 04 betont. Man vergleiche die Abbildungen vom 
Mainzer Domportale bei Schneider, der Dom zu Mainz. Berlin 1886. S. 100, 
 
	        
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