Malereien
Grabmäler
150 KREIS FRIEDBERG
angehören, bemalte, virtuos handwerkliche Holzschnitzarbeiten, welche ihre Auf-
stellung im Mittelschiffe über den Kapitälen der Pfeilervorlagen gefunden haben,
so dass deren konstruktive Zwecklosigkeit nicht in’s Auge fällt; unter der prächtigen
Kanzel, welche derselben Zeit angehört und in ihren Muschelnischen zwischen
Ecksäulchen gleichfalls geschnitzte Figuren aufgenommen hat, steht die Gestalt des
Simson mit dem Kinnbacken. Eine Anzahl anderer Holzschnitzereien, Madonnen,
eine Pieta, die 4 Evangelisten, Heilige und Crucifixe sind ausserdem in der Kirche
zerstreut aufgestellt; letztere sind zum Theil von nicht ungeschickter Arbeit. Eine
gothische, auf einem phantastischen Thiere sitzende bemalte Madonna mit dem
Kindchen, welches die auf der Hand der Madonna befindliche Taube anfasst, ist
aus Sandstein hergestellt und verdient Beachtung.
In zwei Nischen des nördlichen Altares der Kirche stehen zwei spätgothische
Holzfigürchen auf Postamenten, die Heiligen Barbara und Laurentius, von denen die
graziöse weibliche Gestalt die ansprechendere ist. Eine Anzahl Holzfiguren, da-
runter mehrere recht gute des 135. Jahrhunderts, befinden sich zur Zeit in dem
geschilderten Winterchor aufgespeichert.
Auch das Orgelgehäuse verdient noch Erwähnung. Es ist eine sehr reiche
mit korinthischen Säulen, mit Rankenwerk und Urnen verzierte Arbeit aus dem
Jahre 1734.
Dass die in neuester Zeit wieder vollständig ausgemalte Kirche auch alte
historische Malereien gehabt hat, lehrt der Rest einer Freskomalerei an der Süd-
mauer der vorderen Chorparthie, der bei der letzten Restauration bruchstückweise
wieder zum Vorschein gekommen, aber schwerlich zu erhalten ist. Er stammt aus
dem 14. Jahrhundert und stellt in figurenreichen, lebendig und frisch aufgefassten
Scenen die Stiftung der Kirche durch Gottfried von Kappenberg und das jüngste
Gericht dar.
Unter den Tafelmalereien sind zwei figurenreiche Bilder in Tempera auf
Leinwand und Holz bemerkenswerth, welche die Martyrien der 10,000 Märtyrer —
historia Decem millium martyrum in monte Arath — und der 11,000 Jungfrauen
— historia S. Ursulae et sociarum virginum —- darstellen und noch dem 15. Jahr-
hundert angehören. Das erstere ist stark beschädigt. Die figurenreichen Scenen
zeigen einen schon fortgeschrittenen Naturalismus in zum Theil recht guter Dar-
stellung. Sie spielen sich vor einer Landschaft mit Goldgrund ab.
Die übrigen zahlreichen neueren Oelbilder, mit denen die Kirche ausgestattet
ist, sind gute Arbeiten ohne höheren Kunstwerth.
Im Chore liegt, auf 6 Doppel- und 4 einfachen Rundsäulchen aufgebahrt, der
Grabstein des Stifters der Kirche, Gottfried’s von Kappenberg (Fig. 94), dessen
Gebeine zwischen Ilbenstadt und Kappenberg getheilt wurden, weshalb er an beiden
Stätten Grabsteine erhielt. Der Stein stand ehemals vor der Chormauer. Durch
das Abschleifen der Farbe, mit welcher man den Grabstein überstrichen hatte, hat
das Bildwerk an Schärfe und Charakteristik verloren, so dass man es fast für neu
halten kann. Der in langem Gewande dargestellte Heilige hat über seinem Kopfe
eine plastische Nachbildung einer Kirche, deren Mittelstück unzweifelhaft an die
Westfacade der Kirche erinnert; auf der Hand vor der Brust hält er nochmals