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Der Brunnen
KREIS FRIEDBERG
Die von uns als Gesindewohnungen und Stallungen bezeichneten, östlich vom
Falkensteinerbau gelegenen Ruinen bieten nichts Bemerkenswerthes. Die sog. Küche
aber, die östlich von der Kapelle und dem Burgthor gelegen ist, zeigt in der äusseren
Mauer Spuren von ehemaligen Balkenlagern, hat einen Kellerraum mit Tonnengewölben
und auf dem Wehrgang der Südmauer einen hoch aufsteigenden Schornstein, der
zu einer Kaminanlage gehörte. Letzterer unterbricht aber den Lauf des Wehr-
ganges, so dass er einer Zeit zuzuweisen ist, in welcher die Wehranlagen nicht
mehr von Bedeutung waren, also vielleicht dem 16. oder 17. Jahrhundert.
Nicht unerwähnt wollen wir auch den Brunnen lassen, der an der Westseite
des Burghofes angelegt war; das Wasser wurde ehemals durch ein Rad empor-
gehoben. Der Reparatur des »Rades am Born« wird im Jahre 1509, in welchem
sich noch 4 Thorhüter und ı Pförtner auf der Burg befanden, in einer Baurech-
nung Erwähnung gethan. 1774 wurde er zugewölbt, um Unglücksfälle zu verhüten.
Von Interesse ist ein Theilungsbrief über die Burg Münzenberg zwischen den
Gebrüdern Bernhard und Johann, Grafen zu Solms, und den Gebrüdern Gottfried
und Eberhard, Herren zu Eppstein, vom Jahre 1424.') Hiernach wurde »die Kemnade
gein der stadt gelegin,« also der gothische Bau, Eigenthum der ersteren, »die kemnade
gein dem Tyergarten gelegin an der Cappeln,« der romanische Palas, Eigenthum
der beiden andern. »Der Porten Thörn, ‘dy anderzwene grössen Thörne, Cappelle
und de börne (Brunnen) und andere fleyken uff der burg,« sowie der »Tyergarten
mit der Stogwisa« sollen gemeinschaftliches Eigenthum bleiben.
Die Burg oder das Schloss Münzenberg, das, obwohl abseits von der heutigen
Verkehrsstrasse gelegen, dennoch schon durch die Lage auf einem hervorragenden Hügel
inmitten dieser fruchtbaren Landschaft Oberhessens höchst beachtenswerth ist, bietet
wie wenige Denkmäler ein über viele Jahrhunderte sich ausdehnendes Culturbild,
in dem Krieg und Frieden ihren Ausdruck gefunden haben. Der Burghof mit
seinen Mauern, Wehrgängen und Bergfrieden, mit seinem Thorbau und seinem
formenreichen Palas versetzt uns in die lebens- und thatkräftige und zugleich ritterliche
poesievolle Zeit der Hohenstaufen; Früh- und Spätgothik treten uns hier in dem
Falkensteiner Bau und der Kapelle entgegen. Die Vorwerke in ihren wechselreichen
Mauerzügen und Thürmen und mit ihren Thoren führen uns in die Zeit der Feuer-
waffen, welcher auch der westliche, vorgeschobene, der mächtige »stumpfe Thurm«
angehört. Die Zeit des Niederganges deutschen Lebens seit dem dreissigjährigen
Kriege hat ihre Spuren in dem Verfall jener Werke des Krieges und Friedens zum
Ausdruck gebracht, der aber noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass nicht eine
Da ist
denn wohl auch an dieser Stelle der Wunsch gerechtfertigt, dass auch die neueste
berufene Hand die alte Herrlichkeit wieder zum Leben erwecken könnte.
Zeit dem Werke ihren Stempel aufdrücken möge: historischer Sinn möge in Ehrfurcht
vor den Formen, welche die Vergangenheit durch ihre Kunst hier in Stein ver-
körpert hat, den kühnen Wurf einer Restauration wagen, welche auch dem
romantischen Zauber dieses mittelalterlichen Vermächtnisses gerecht zu werden
versteht.
ı) Das Original befindet sich im Solms-Laubach’schen Archiv. Org. II, ır. Papier-Urk. Der Verf, verdankt die
Kenntniss dieser Urkunde dem Archivar Herrn Gymnasiallehrer Dr, Roeschen in Laubach,