NIEDER-ERLENBACH 2109
anschliesst. Sie hat drei ovale Felder, von denen das mittlere aus Stuck die
Taube des hl. Geistes mit Engeln in Wolken und im Glorienschein enthält, wäh-
rend die beiden andern in handwerklicher Ausführung gemalte Darstellungen der
Auferstehung und Himmelfahrt zeigen. Um die ovalen Felder füllt innerhalb eines
Rahmens Ranken- und Blattwerk aus Stuck auf farbigem Grunde die Flächen aus.
Eine im späten Barockstil ausgeführte, mit Wappen, einem Todtenschädel
und zwei Putten geschmückte Marmortafel, das Epitaphium des Herrn Joh. Ernst
von Glauburg und seiner 1731 verstorbenen Gattin, einer Freiin zum Jungen, wollen
wir hier wenigstens erwähnen.
Ein beachtenswerthes Kunstwerk besitzt die Kirche in den Malereien eines
Altarschreines von der Gestalt eines Triptychons, der seinem ursprünglichen Zwecke
nicht mehr dient.!) (Taf. XIII.) Seine Mitteltafel und beiden Flügel sind in der
Weise aus Fichtenholz hergestellt, dass die dicht an einander geschobenen Bretter
in die Nuthen der schlicht profilirten Rahmen eingelassen sind. Letztere tragen
schablonirte Rosettenmuster, die Namen der dargestellten Personen und die Jahres-
zahl der Herstellung, 139A (1497), welch letztere sich auf dem Oberholz des
Mittelbildes befindet. Die mittlere Tafel, 1,03m breit und ı,25m hoch, ist ein-
seitig, die Flügel sind beiderseitig bemalt. Die angewendete Technik ist die der
Temperamalerei,; jedoch scheinen die aufgesetzten Lichter Oelfarbe zu sein. Bei
dem Mittelbilde und den Innenseiten der Flügel ist der Malgrund grösstentheils
sorgfältig aus Leinwand und Gips hergestellt, während die Aussenseiten der Flügel
dieser Zubereitung des Grundes entbehren.
Das Mittelbild zeigt uns auf einem von Blumen, Blättern, Steinen und einem
Frosche belebten Boden, hinter dem eine hügelige Landschaft flüchtig ausgeführt
ist, und darüber auf goldenem Grunde unter einem Bogen und Zwickeln aus spät-
gothischem Ast-, Ranken- und Blattwerk die in der Mondsichel stehende Madonna
mit dem Jesuskinde, zu ihrer Rechten den Erzengel Michael und zu ihrer Linken
den hl. Hieronymus in Kardinalstracht mit dem Löwen. Auf den Innenseiten der
Flügel sind in ähnlicher Weise auf Goldgrund in zwei Reihen über einander zu
je dreien wie in einem Raume befindlich die Apostel dargestellt, auf den Aussen-
seiten die Verkündigung und der eine Seele wägende Erzengel Michael. Nachdem
die Forschungen ergeben haben, dass die Madonna und der Erzengel des Haupt-
bildes, die Apostel des rechten Flügels und die Verkündigung nach Kupferstichen
älterer Meister gemalt sind, und zwar die erstere nach einem nur in einem Exem-
plare noch vorhandenen Stiche vom »Meister des Hausbuches«,?) die andern nach
solchen Schongauer’s, ?) lässt sich dieses auch von den übrigen Figuren annehmen,
zumal da auch bei diesen die scharfen Contouren auf eine gezeichnete oder ge-
stochene Vorlage hinweisen. Wenn die Wahl dieser wegen ihrer Kleinheit*) doch
nur als Skizzen dienenden Vorbilder, deren Zeichnung massgebend für die Zeich-
nung der gemalten Bilder geworden ist, den Schönheitssinn des Malers bekundet,
indem er nur das Beste wählte, was seiner Zeit auf dem Gebiete des Kupferstiches
1) Dieser Altarschrein ist inzwischen in den Besitz des Grossherzoglichen Museums in Darmstadt übergegangen.
2) Vgl. Passavant,, Le Peintre-Graveur II. S. 256. Nr. 9. Dieser Stich befindet sich in der Pariser Nationalbibliothek.
3) Vgl. Bartsch, Le Peintre- Graveur. VI. S. 136. Nr. 35, 36, 38, 42, 43, 45 u. Nr. 58. 4) Sämmtliche
Figuren sind in fünffacher Lineargrösse der Stiche ausgeführt, die des Hauptbildes in halber Lebensgrösse.
Grabmal
Altarschrein