NIEDER -FLORSTADT 221
XAIX. NIEDER-FLORS TADIT
FARRDORF, im Mittelalter Alansiat, gehörte zur Ganerbschaft Staden. ')
Bei der Theilung im Anfange dieses Jahrhunderts kamen die Besitzungen der
Ganerben in Ober- und Nieder-Florstadt an die Freiherrn Löw von Steinfurt.
Die Mutterkirche, welcher ein Altar des hl. Michael angehörte, hatte
Filialkirchen zu Staden, Heegheim, Stammheim, Dorn-Assenheim und eine Filial-
kapelle in Ober- Florstadt. ?)
Die im Jahre 1792 erbaute Kirche zu Nieder-Florstadt, eine einschiffige
Halle mit abgerundeten Ecken und einem viereckigen, an der Westseite als Dach-
reiter aufsteigenden Thurme, zeigt aussen eine Belebung der Fläche durch Pilaster
mit Gebälk und Zahnschnittgesims. Der Thurm steigt über der Facade zunächst
mit Giebeln und alsdann in zwei viereckigen Stockwerken empor. Hohe viereckige
Fenster in den Aussenmauern der Kirche werfen reichliches Licht in das Innere
hinein, wo die Emporen auf toskanischen Holzsäulen errichtet sind. Hohe Rund-
säulen dienen hier als Träger des aus Holzwerk errichteten Thurmes. Die klassi-
zistische Richtung des Empirestils hat dem Gebäude noch einen bestimmten Charakter
zu geben verstanden.
Von den drei Glocken ist die mittlere von Fried. Rich. Wilhelm Otto in
Giessen 1791 gegossen.
Der Herrenhof, im Besitze der Freiherren Löw, bietet nur noch wenig, das an die
alte Zeit erinnert. Der älteste Bau von 1603 hat noch ein rundbogiges Portal, das pro-
filirt und an den vorderen Kanten diamantirt ist; das Aeussere des Haupthauses ist da-
gegen ganz schlicht und nur das Mansardendach erinnert an das vergangene on
Jahrhundert. Im Innern sind Stuckverzierungen angebracht. An einem dem Y
Haupthause gegenüberliegenden Wirthschaftsgebäude ist ein Pförtchen mit 1]
profilirtem Stichbogen, der Jahreszahl 1580 und einem Steinmetzzeichen:
Auf dem früher einem Fuldaer Stifte, jetzt den Freiherren Löw gehörigen
»Mönchshofe«, haben sich an dem in den Jahren 1723 und 1724 erbauten Wohn-
hause zwei Portale im späten Barockstile erhalten, deren Wandungen aus Sandstein
gemeisselt sind. Das der Südseite ist recht roh, das der Nordseite ansprechender
gearbeitet. Die Holzthüren haben, wie in der Gegend noch häufig zu finden,
leichtes Schnitzwerk im Rococostile.
Auf einem Feld eines verputzten Fachwerkhauses hat ein humoristischer
Dorfphilosoph sein Trostsprüchlein in deutscher Schrift hinterlassen ; es lautet:
Daf it das bejte | in der welt daf tot | und teufel nimpt | Fein gelt fonft
mifte manger arme gefel | vor den Reichen in die | Höll.
Bei dem nahe gelegenen Ober-Florstadt sind ein römisches Kastell?) und
eine grosse römische Niederlassung nachgewiesen. Vor mehreren Jahren wurde hier
auch ein Mithrasheiligthum aufgedeckt. *)
ı) Vgl. unter »Staden.« 2) Würdtwein a, a, OÖ. III. 96. 3) Vgl. Limesblatt, Nr, 7. u. 8. 1894.
S. 238. 4) Vgl. Correspondenzbl. der Westdeutsch. Zeitschrift 1888 Nr. 4 u. Correspondenzbl. des Gesammt-
vereins der hist. Ver. 1888 Nr. ıo. S. 123 etc.
Pfarrkirche
Der Herrenhof
Der Mönchshof
Inschrift eines
Hauses