WÖLFERSHEIM 293
verwerthet ist; auch sollen unter der Kirche vorhandene Keller von dem ehemaligen
Bestande des Schlösschens an dieser Stelle noch Zeugniss ablegen. Ja, auch der heutige
Kirchenbau soll ursprünglich als Schlossbau gedacht gewesen sein,!) wodurch sowohl
die allerdings mehr einem solchen als einer Kirche, dazu noch einer Dorfkirche, zu-
kommende, in dem klassizistischen Stile des späten Barock ausgeführte und mit einer
kräftigen Säulenstellung dekorirte Facade als auch die auffallende Geräumigkeit und
einige Unregelmässigkeiten in der Anlage der Kirche ihre Erklärung finden.
Die Kirche (Fig. 179) bildet einen rechteckigen Raum, der seine grösste
Ausdehnung von Westen nach Osten, seinen Altar aber vor der Mitte der nördlichen
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Fig. 179. Wölfersheim. Grundriss der Kirche.
Langseite hat. Hinter letzterer ist ein rechteckiger Logen-Anbau, der mit dem
Rundthurme in Verbindung steht. Den mit schlichter Spiegeldecke versehenen
weiten und hohen Raum vermögen auch die eingebauten Holzemporen nicht zu
beleben; die viereckigen Fenster, die theils für die ganze Höhe, theils bloss für
die Emporenhöhe berechnet sind, lassen dazu fast allzu reiches Licht einströmen,
so dass der Eindruck des Innenraumes der einer unerquicklichen Oede ist. Diesem
entspricht freilich die schöne architektonische Anordnung der an der südlichen Lang-
seite des Baues aufgeführten Facade nicht, die vielmehr, von der niedriger ge-
legenen Dorfstrasse aus gesehen, einen geradezu überraschend grossartigen, monu-
mentalen Eindruck macht. Durch den etwas vortretenden Mittelbau mit der zwei-
armigen Haupttreppe gliedert sie sich in drei Theile, von denen auch die Seiten-
theile Portale mit Treppen haben, die bis zur Sockel- und Fussbodenhöhe der
ı) Dieffenbach, Arch., Bd, V. xızı. S. 136.