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BUTZBACH
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bezeichnet und demgemäss künstlerisch geschmückt ist. Das der Thür gegenüber-
liegende, von zwei Fenstern durchbrochene Bogenfeld enthält die Wappen der drei
Verstorbenen, welche die Gruft zunächst aufgenommen, und in der Mitte ausserdem
die drei Gestalten derselben, welche vor einem Crucifixus knieen. Diese Arbeit
fällt aber künstlerisch aus dem Rahmen der übrigen Darstellungen heraus; sie ist
von einem Handwerker so gut oder schlecht ausgeführt, wie er es eben vermochte,
daher trotz des guten Willens recht roh und unbeholfen.
Die erstere Gruppe umfasst in dem einen Felde die Darstellungen des
alten und neuen Bundes, und zwar der Errichtung der ehernen Schlange und der
Anbetung des Lammes, zwischen denen auf einem Berge Christus mit dem Kreuze
erscheint, und in dem anderen Felde die Auferstehung des Fleisches, die sich
gleichfalls in drei Theile gliedert, das Hervorgehen aus den Gräbern, das Welt-
gericht und zwischen ihnen den auferstehenden Christus mit der Kreuzesfahne. Die
Reliefdarstellungen der Gewölbekappen haben die Himmelfahrt des Elias und Christi,
das himmlische Jerusalem und die Verklärung Christi zum Gegenstande. Der Schluss
des Gewölbes ist von Köpfen der Cherubim und fliegenden Engeln umgeben.
Spruchbänder, Unter- und Ueberschriften dienen als Erläuterung der Darstellungen.
An der Östmauer unter dem Wappen Philipp’s und seiner ersten, 1629
verstorbenen Gemahlin befindet sich die Jahreszahl 1622.
In seinem 1640 unterzeichneten Testamente ordnet der Landgraf an, »dass sein abge-
storbener Leichnamb . . . . zu Butzbach in das gewölb und Begrabnus, welches er bei
seinem Leben in der Statt-Kirchen new machen und ausfertigen lassen«, gebracht und beigesetzt
werden solle.) Die hiermit gegebene Zeitbestimmung über die Anfertigung der Stuckarbeiten
wird bestätigt durch ein Actenstück, welches sich im Hausarchiv zu Darmstadt befunden und dem
Verfasser der Lebensgeschichte des Landgrafen noch vorgelegen hat.?2) In demselben heisst es:
»1621 den 21. Oct. mit Meister Stephani vor allerhandt im fürstl. Begräbnuss und am grossen
ofen im newen Sahl zu bossiren 130 fl. ä& 27 alb«, ferner: »1622 den 24. April mit Meister
Philips Francken von Giessen Bilthawern vor J. F. Gn. Epitaphium ond ein steinern bilt im Lust-
garten an den Althanen zu machen 200 fl. A 27 alb.«
Diese urkundlichen Nachrichten nennen uns als den Bossirer der Stuck-
arbeiten in der Gruft den Meister Stephani aus Frankfurt, und als den Bildhauer
des über der Gruft befindlichen Epitaphiums den Bildhauer Philipp Franck von
Giessen. Dass beide Werke von verschiedenen Händen angefertigt und künst-
lerisch sehr verschiedenwerthig sind, lehrt schon eine oberflächliche Prüfung: der
Meister der Gruft steht künstlerisch weit höher als der des Epitaphiums. Meister
Christian Stephani stammt aus Langula bei Mühlhausen in Thüringen und wurde am
14. März 1615 als Häfner und Bossirer in das Frankfurter Bürgerrecht aufge-
nommen auf sein Ansuchen und mit der Begründung, weil in Frankfurt kein
Bossirer ansässig sei.?) Uebrigens müssen wir annehmen, dass die Idee zu dem
geschlossenen Kreise der bildnerischen Darstellungen in der Gruft, welche im
ı) Archiv, Bd. XI. S. 387 in Walther, Landgraf Philipp von Hessen, genannt »der Dritte« oder auch sn
Butzbach«. 2) Dieses Actenstück war überschrieben: »Extract verschiedener Baw- und anderer Geding bei
meinem gn. F. u. H. Herrn Landgrafen Philippsen von Hessen vor etlichen Jahren her beschehen«.
3) Nachrichten über den Meister finden sich in dem Bürgerbuch der Stadt Frankfurt ad annum 1596 und 1615;
sowie in den Rathssupplicationen der Stadt von 1615. Nach einer Mittheilung des Stadtarchivars Herrn Dr, Jung in
Frankfurt a, M,
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