Kloster Arnsburg. Mittelalterliche Wohn- und Nutzbauten. Ostbau. 113
sieben Jochen, hatte Kreuzgewölbe zwischen
Gurtbögen, die in der Mitte auf Säulen, an den
Außenwänden auf Konsolen aufsaßen. Außer
den Konsolen ‚und den runden Schildbögen
ist von der Wölbung nichts mehr vorhanden.
Der Raum hat schmale, hohe Rundbogen-
fenster, die in flachbogigen, nach innen sich
stark verbreiternden Nischen sitzen.
Im südlichen Joch der Westseite Spuren
eines Kamins — aus welcher Zeit, nicht zu
sagen. Esistdereinzige Kamin, derin deutschen
Klöstern in einem Auditorium vorkommt!).
Türen: Haupteingang auf der Westseite im
zweiten Joch in der Achse des südlichen Kreuz-
gangarmes, außen mit Rundstab, in Eck-
schrägen ablaufend, — dann ist im dritten Feld
der Westseite im Innern eine vermauerte Nische
sichtbar, sie gehörte zu einer Tür, die in die
Wärmstube führte, — nach Osten zu ist im
dritten Feld ein Ausgang, außen spitzbogig
(überspitz), ohne Profil, innen flachbogig (Abb. Rn |
97), — ferner war im sechsten, vorletzten, Feld 1
der Ostseite ein Ausgang, außen nicht mehr | 70,
ELLE
bereits bei den Kluniazensern. Die Zisterzienser indessen Abb. 97. Östliche Tür des
bedurften bald eines besonderen Arbeitsraumes, sie glie- Auditoriums. 1:50.
derten ihn an den Sprechraum an. So finden wir bei einer
großen Zahl von Klöstern zwei Räume am Ende des Ostbaues, z. B. in Clairvaux, Bebenhausen,
Maulbronn, Bronnbach, Loccum, Marienthal u. a. In Eberbach, dem Muütterkloster Arnsburgs,
war zunächst-auch ein Parlatorium — ein verhältnismäßig kleiner Raum von zwei Fensterachsen,
dazu noch durch die Schlafsaaltreppe eingeengt — und ein Arbeitsraum — von Schäfer Fraternei
genannt — erbaut worden. So jetzt noch zwei Räume in Bebenhausen, Bildhausen, Buch, Alten-
berg, Bronnbach. Gegen 1260 aber trat in Eberbach an Stelle der zwei Räume ein einziger, weit
größerer, den Schäfer ebenfalls Fraternei nennt. Das besondere 'Parlatorium fällt also aus.
Diese bauliche Änderung entsprach der Wandlung der Klostersitten. Das Gebot des Schwei-
gens mochte so streng nicht mehr durchgeführt werden, daß es eines besonderen Raumes zum
Sprechen bedurfte, und andererseits war für die Mönche an Stelle der Feldarbeit schon sehr viel
Hausarbeit getreten, die einen möglichst großen Arbeitssaal erforderlich machte. So finden wir
in Eberbach, in Pforte, Walkenried, Doberan, Eldena, Michaelstein, Schönau und auch in Arns-
burg in dem jenseits des Durchganges liegenden Teil des Ostbaues nur einen einzigen Raum,
den großen Arbeitsraum der Mönche.
Und welcher Name kommt diesem Raum zu? Die Bezeichnung ‚Fraternei‘‘ scheint nur in
deutschen und englischen Veröffentlichungen aufzutreten (Ostendorf). Nach Mettler soll in
den Klöstern das Wort ‚Fraternei‘ als Raumbezeichnung überhaupt nicht gebraucht worden
sein. Man hatte vielmehr den Namen, der in den Usus für den einzigen an dieser Stelle liegenden
Raum galt, auch wenn dessen Verwendung in der Hauptsache eine andere geworden war, beibe-
halten und nannte ihn „auditorium‘. Diesen Namen wollen auch wir anwenden, sofern wir nicht
eine deutsche Bezeichnung wählen, wie Arbeitsraum oder Brüdersaal.
1) In französischen Klöstern — Sönanque, Silvacanne und Noirlae — tritt ein Kamin ebenfalls
im Auditorium auf, und zwar in den beiden ersteren, weil dort ein Kalefaktorium fehlt (Ostendorf).