148 Einfluß des Klosters auf die Bautätigkeit der umliegenden Ortschaften im Mittelalter.
die Dreiviertelsäulen im Chor und am Triumphbogen der Kirche in Ber-
stadt!) nicht ohne die Mitwirkung von Arnsburger Steinmetzen zu denken.
Ob auch die Anordnung von Nebenaltären zu beiden Seiten des Triumph-
bogens, wie sie in Oberwiddersheim und in Berstadt durch die tiefsitzenden
Seitenfenster sich verrät, auf Arnsburger Einfluß zu schieben ist, mag dahin-
gestellt bleiben, ist aber.bei der Vorliebe für Nebenaltäre, die die Mönche von
Haus aus hatten und zu deren Stiftung sie Anregung gaben, wahrscheinlich.
Und weitere Beziehungen wird man finden, wenn man den Einzelfor men,
Profilen, Eckdiensten, Kapitellen und Basen nachgeht. Im Chor und Quet-
schiff der Kirche zu Laubach sind alle Einzelglieder, Rippen mit Ablauf,
Sockel, Kapitelle, Konsolen aus Arnsburg entlehnt. Romanische und gotische
Formen sind bei allen genannten Bauten gemischt, wie in Arnsburg. Die
Türme haben meist in den unteren Geschossen den Rundbogen, in den oberen
haben sie sich zum Spitzbogen bekehrt.
Selbstverständlich war der Einfluß des Klosters viel umfassender, als er sich
gegenwärtig feststellen läßt. Denn in vielen Orten der nächsten Nachbar-
schaft sind die Kirchen des 13. Jahrhunderts — vorausgesetzt, daß sie über-
haupt vorhanden waren — längst durch neuere Bauten ersetzt, wie in Lich,
Birklar, Eberstadt, Dorfgüll, Gambach, Holzheim, Ruppertsburg u. a.
Zwar bestand in unserem Gebiet schon vor der Gründung des Klosters
eine kirchliche Bautätigkeit — die Kirche von Trais-Münzenberg ist älter —,
aber wir dürfen getrost sagen: Die Zisterzienser von Arnsburg haben dem
Lande, das ihr Kloster umgab, eine reiche Kultur gebracht, und sie haben ihr
sofort Ausdruck verliehen in den stattlichen Landkirehen mit den hoch-
ragenden Türmen zu derselben Zeit noch, als sie im eigenen Kloster sich ihre
Wohnstätten bauten.
Es ist dies, um so bemerkenswerter, als es grundsätzlich nicht als Aufgabe
des Ordens galt, Seelsorge zu üben. Dagegen kam es wohl auch sonst vor,
daß die Pfarreien der den Klöstern benachbarten Orte mit Mönchspriestern
besetzt wurden. Wir wissen dies von Arnsburg, wo vor 1541 die Zahl der als
Pfarrer wirkenden Mönche eine sehr hohe gewesen sein muß 2). Wir wissen
es von Pforte, wo es zum System gehörte und wie in Arnsburg als Mittel be-
trachtet wurde, den Besitz des Klosters zu sichern und zu mehren, wo aber
trotzdem, wie Bergner feststellt, „ebenso wie anderwärts“ jeglicher Einfluß der
klösterlichen Bauhütte auf das flache Land fehlt. Dies letztere aber war in
Arnsburg nicht der Fall, und es wird seinen Grund darin gehabt haben, daß
die meisten Kirchen der Umgebung, z. B. die von Grüningen, Muschenheim,
Trais-Münzenberg, Birklar, Bettenhausen, Holzheim und Eberstadt mit allen
ihren Filialen und Altären dem Kloster inkorporiert waren 2). Aber auch auf
nichtinkorporierte Kirchen, wie die von Laubach u. a., hatte sich der Einfluß
der Arnsburger Bauleute erstreckt.
!) Abb. bei Wagner, Kunstdenkmäler des Kreises Büdingen, S. 15.
2) 8.8.17. 3 8.%5.