Kloster Arnsburg. Geschichte. 9
kam die Gegenwirkung des Diözesanbischofs zum schärfsten Ausdruck.
Solms, das „den grewel der abgottischen meß‘ nicht dulden wollte und sich
vermöge des Religionsfriedens für befugt erachtete, das auf seinem Grund
und Boden gelegene Kloster in den reformierten Stand, in dem es sich schon
vorher einmal befunden habe, wieder einzusetzen, und Mainz, das hiergegen
entschiedenen Widerspruch erhob, machten sich gegenseitig das Recht, bei
der Abtswahl vertreten zu sein und auf sie Einfluß zu üben, streitig. Das war
der Anfang der Bestrebungen, Arnsburg von der andersgläubigen Stifter-
familie und Landesherrschaft unabhängig zu machen, denn erst jetzt besann
man sich auf die geistlichen und weltlichen Privilegien des Ordens und suchte
sie auf die Lage des Klosters anzuwenden. Der lange Prozeß, der sich in der
Folge daraus entwickelte, hatte somit seinen Ursprung in den religiösen Wirren
der Reformationszeit. Er wurde von beiden Seiten mit Erbitterung geführt.
Während des dreißigjährigen Krieges, der so viel Zerstörung über Arnsburg
‚brachte, schwieg der Streit, um nachher mit um so größerer Heftigkeit zu
entbrennen. Die Streitschriften des Abtes Robert Kolb I. „Aquila certans
pro immunitate etc.‘ (1687) und „Laurea aquilae certantis“ (1694) trugen nicht
wenig dazu bei, daß das Kloster vor dem Reichshofrat in Wien im Jahre 1715
ein obsiegendes Urteil'erlangte. Allein die Gegenpartei focht mit gewichtigen
Gründen dagegen an!), und noch hundert Jahre nach Robert Kolb mußte
sich die Abtei gegen eine treffliche Replik des Gießener Juristen Fresenius
wehren. Der Prozeß kam nie zu Ende, die Aufhebung des Klosters setzte
seiner Weiterführung ein Ziel.
Die Bedeutung Arnsburgs für unsere Gegend liegt fast ausschließlich
auf wirtschaftlichem und künstlerischem Gebiet. Dennoch ist es nicht un-
berührt geblieben von geschichtlichen Ereignissen, die für unser engeres
Vaterland wichtig geworden sind, und auch die Weltgeschichte hat mit
ehernem Finger an die Klosterpforte gepocht.
An kriegerischen Ereignissen waren es vornehmlich die Fehden der hes-
sischen Landgrafen, die das Kloster oft und nachhaltig in Mitleidenschaft
zogen. Denn die Wetterau war ein beliebter Tummelplatz der Heere, da ihre
Fruchtbarkeit die Ernährung der Truppen erleichterte und die Ebene für die
Reitergefechte jener Zeit das günstigste Feld bot.
Kriegs-
drangsale
Mit Übergehung kleinerer Unfälle wollen wir nur auf das Ungemach hin-,Im 15. Jahrh.
weisen, das die hessisch-mainzischen Kämpfe dem Kloster in der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts brachten?). Die Streitkräfte beider Parteien
zogen in der Wetterau hin und her und verwüsteten die Klostergüter. Nach
der Erzählung eines Chronisten, der aus alten Arnsburger Aufzeichnungen
geschöpft hat, belief sich der Schaden des Klosters, dem 26 Höfe niedergebrannt
wurden, auf mehr als 73 000 Gulden, eine für die damalige Zeit gewaltige
1) Die hier beigegebene Karte des Klosters entstammt der Solmsischen Allerunterthänigsten
Supplica vom Jahre 1715, die das Urteil des Reichshofrats anfocht.
?) Liber comput. Eberb. im St. A. Wiesbaden. — Liber actorum im Fürstl. Archiv in Lich. —
Petrelli und Origo passim.