Hungen
Otto dem Jüngeren!) zu. Hiermit war die allerdings schon bald wieder erlöschende
Seitenlinie Solms-Hungen begründet.
Graf Otto, 1572 geboren und am Heidelberger Hofe erzogen, widmete sich
dem kurpfälzischen Dienst, in dem er 1597 ein Obristenpatent erhielt und 1603
Oberhofmarschall wurde. Im Jahre 1605 befestigte er im Auftrag des Kurfürsten
das Dorf Mannheim. Am 19. Mai 1610, im jülich-clevischen Erbfolgekrieg, erhielt
er ein Reiterregiment, fiel aber schon wenige Wochen später am 23. Juni vor den
Belagerungslinien von Molsheim?). Er ist zu Heidelberg in der Kirche zum heiligen
Geist beigesetzt?). Da er von seiner Gemahlin Ursula v. Gleichen, der Witwe Graf
Wolfgangs v. Isenburg, keine Kinder hatte, folgte ihm sein Bruder Reinhard.
Dieser hatte die Hohen Schulen zu Herborn, Straßburg, Basel und Genf besucht,
einen Türkenzug in Ungarn bei dem fränkischen Kreisregiment zu Pferd im Jahre
1598 mitgemacht, dann seit 1601 vorübergehend in schwedischen Diensten ge-
standen und war endlich 1606 kurpfälzischer Geheimerat, Oberst, Landrichter und
Pfleger zu Amberg, Hirschau und Freudenberg geworden. Im Jahre 1621 verließ
er den Dienst Friedrichs V., des Winterkönigs, und widmete sich von da bis zu
seinem 1630 erfolgten Tode der Verwaltung seiner Herrschaft. Sein Sohn Moritz
war bei des Vaters Tode erst acht Jahre alt. Für ihn führte seine Mutter Elisabeth,
eine geborene Wild- und Rheingräfin, die Regierung. Auf dem Gymnasium zu
Birstein erzogen, nahm er zwanzigjährig in Holland Kriegsdienste und brachte es
bis zum Jahre 1664 zum Obersten zweier Regimenter. 1669 verließ er den Dienst
der Niederlande und wurde von der Reichsversammlung zum Reichskriegsrat
gewählt. Doch hielt er es nicht lange ohne Kommando aus. Im J. 1672 übernahm
er eine Obristenstelle in Hessen-Kassel und bald darauf als General-Wachtmeister
den Oberbefehl über die Truppen des Oberrheinkreises, die er im Juli 1674 gegen
Frankreich führte. Dem Grafen Moritz wird ein besonderes diplomatisches Talent
nachgerühmt. Er hat es verstanden, langjährige Zwistigkeiten zwischen den ein-
zelnen Linien des Hauses Solms beizulegen, und auch der Kaiser hat ihn mit ähn-
lichen Geschäften bei anderen reichsständischen Häusern betraut. Er starb zu
Hungen am 30. November 1678. Da sein einziger Sohn Reinhard Wohlfahrt schon
1675 kaum zwanzigjährig den Blattern erlegen war, so endete mit ihm, als er die
Augen schloß, die Seitenlinie Hungen, und das Amt fiel an das Haupthaus Braun-
fels zurück. Zunächst blieb es geteilt zwischen Wilhelm Moritz v. Greifenstein
und dessen Vetter Heinrich Trajectinus v. Braunfels, nach dessen Tod aber der
erstere 1693 die gesamten Braunfelsischen Lande in seiner Hand vereinigte®).
Hungen ward sofort wieder zum Witwensitz bestimmt, zunächst für Florentine,
die Gemahlin des letzten Grafen Moritz°).
Trotzdem die drei regierenden Grafen der Linie Hungen nur den kleinsten
Teil ihres Lebens in Hungen verbrachten — den kraftstrotzenden Menschen jener
1) So nannte er sich zum Unterschied von dem älteren Otto zu Solms-Sonnenwalde.
®) Vgl. Matthaei in Cervinus’ Wetterfelder Chronik S. 156f.
3) Über sein Grabmal in der Hungener Kirche s. unten.
*) Nach R. Graf Solms, a.a. ©. S. 76-79.
5) Sie bestätigt der Stadt ihre Freiheiten 1679 Aug. 12. Or. im städt. Archiv.
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