Lich 219
Im Jahre 1718 folgte die jüngere Linie Hohensolms in der Herrschaft. Durch
die Erhebung des Grafen Karl Christian in den Reichsfürstenstand 1792 wurde
die Stadt zur fürstlichen Residenz. Allein schon 1806 erhielt das Großherzogtum
Hessen durch die Rheinbundsakte die Souveränität über die Besitzungen des
Fürsten v. Solms-Lich. Damit war Lich eine hessische Landstadt geworden.
Da Lich der Hauptort einer großen, mehrere Dörfer umschließenden Mark
war (S. 0.), so entsprach es nur den Verhältnissen, wenn sich hier auch der Sitz
eines Gerichtes befand. Schon lange vor der Verleihung der Stadtrechte treffen
wir Schöffen und Centgraf und eine feierliche Gerichtsverhandlung unter freiem
Himmel (in strata publica)'). Der Umstand, daß in dieser Tagung, ebenso wie in
einer späteren v. J. 1290 Werner I. v. Falkenstein?), der Landesherr, Ulrich
von Münzenberg, der letzte seines Geschlechtes, selber den Vorsitz führte, was
er nur in einigen Gerichtsorten seines Gebietes tat, und der weitere Umstand,
daß hierbei eine kurz vorher bei dem Kloster Arnsburg vor dem Schultheiß Ulrichs
und Licher und Grüninger Schöffen erfolgte Übergabe von Gütern an das Kloster
feierlich wiederholt und bestätigt wurde, zeigen die besondere Bedeutung des Licher
Gerichtes. Selbstverständlich stand ihm auch der Blutbann zu.
Der Schultheiß als Vorsitzer des Gerichts erscheint erst unter Falken-
steinischer Herrschaft im Jahre 1318, wenn er auch unter dem Titel villicus schon
1290 vorkommt?); doch kann der Mangel an urkundlichen Nachrichten nicht zu
der Behauptung führen, daß es unter dem Münzenbergischen Hause ein Schult-
heißenamt in Lich nicht gegeben habe. Der Schultheiß war, wie überall, herrschaft-
licher Beamter. Zeitweise war das Amt mit dem des Amtmanns verbunden,
Richter und Verwaltungsbeamter waren eine Person. Im Jahre 1332 ist Johann
von Bellersheim Amtmann®), zwei Jahre später wird er genannt: schultheize
zu Lyche und bewerer gudes und gescheffedes miner jungherren von Falkin-
stein?). Im Jahre 1338 sind die Ämter wieder getrennt. Johann ist Amtmann und
heißt ‚„‚plegere geschefedis myner juncherrin Philippis und Kunen von Falkenstein
herrin zu Minzenberg‘‘, und Schultheiß ist Kraft von Bellersheim, ‚„scultheze zu
Lyche derselbin miner juncherrin®). Die Stelle des Amtmanns war in jener Zeit
in den Händen der Familie von Bellersheim, die sie vermutlich als falkensteinisches
Lehen trug; 1357 hat sie Werner, 1382 Konrad von Bellersheim?). In solmsischer
Zeit dagegen finden wir andere Namen, z. B. 1448 Volprecht von Schwalbach,
1479 und 1486 Konrad Schenk von Schweinsberg®). Neben diesen Ämtern wird
auch mehrmals (1336 u. 1342) das des Kellers genannt?). Endlich ist als Unter-
beamter auch unter den Falkensteinern der Centgraf bezeugt!°).
1) 1247. AUB 32.
2) Baur, hess. Urk. I, 1299.
°) Baur, hess. Urk. I, 1299 u. 1322. AUB 483.
*) Wyß 11572.
s) AUB 653.
°) AUB 680.
?) AUB 859. 1054.
8) Baur, hess. Urk. IV, 166, ferner S. 158 Anm. und Nr. 252.
®?) Wyß II, 650. Baur, hess. Urk. I, 1337 Anm.
ID7Z: 521542, Baur 429.0.
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