Lich
Der römische Pfahlgraben führt etwa 21, km südöstlich von Lich vorüber.
In der Höhe von Lich, bei Grüningen, hat er seinen nördlichsten Punkt in der
Wetterau erreicht. Nehmen wir auch hier wie bei Hungen die Beziehungen der
mittelalterlichen Burgen zu den Römerkastellen auf, so entsprechen die drei
Befestigungen und später deren Zusammenfassung in der Wasserburg Lich dem
Römerkastell Altenburg bei Arnsburg.
Die Stadt war befestigt seit mindestens 1300.
Damals wurde sie durch Philipp III. von Falkenstein zum oppidum erhoben.
Die der Stadt vorausgehende Dorfsiedelung hatte sich wahrscheinlich auf
die Höhe beschränkt, auf der jetzt die Kirche steht. Bei der Umwandlung zur
Stadt, die in engere Beziehung zur Burg trat, veränderte sich Lage und Form der
Siedelung.
Die Stadt legt sich mit der Südostseite in einen Bogen der Wetter und steigt,
dem Gelände folgend, nach Norden zu an. Den tiefsten Punkt nimmt die Burg ein,
den höchsten die Kirche. Hier, längs der Nordseite, waren — wie in Hungen —
durch den Ausläufer der anschließenden Hochebene hindurch zwei Gräben ge-
stochen, die zwischen sich einen Wall stehen ließen. Hier steht auch — dicht neben
der Kirche — ein gewaltiger Stadtturm, so hoch, daß von ihm aus die gegenüber-
liegende Hochebene überblickt werden konnte. Zweck und Stellung entsprechen
dem nach 1700 beseitigten Schloßturm in Hungen. Abb. 179, 180.
An den anderen Seiten der Stadt mußte der Wall aufgeschüttet werden.
An der Südostseite hatte zugleich die Wetter mitsamt den Sümpfen, die das Tal
ausfüllten — sie sind auf den alten Bildern gut gekennzeichnet —, den Schutz
der Stadt übernommen.
Vor den Mauerknicken waren kreisrunde Bastionen in die wassergefüllten
Gräben vorgeschoben.
In den Quartalsblättern des Histor. Vereins, N.F.2, S. 490, ist von zwei
Bauperioden der Befestigung die Rede: 1. Steinerne Mauer und 2. die später davor
angelegte starke Umwallung. Letztere soll auf die holländische Befestigungskunst
zurückgehen und zu Beginn des 17. Jhdts. entstanden sein. Nach den Bildern
von 1545 und 1546 waren aber damals schon Wälle und Bastionen und Gräben
vorhanden. Verbesserungen, Begradigungen der Anlagen haben später stattge-
funden, jworauf schon die nicht ganz zuverlässigen Zeichnungen Meißners und
Merians hinweisen; doch bedeuteten sie keine Preisgabe oder Veränderung, sondern
nur eine Vervollkommnung des bisherigen Verteidigungssystems.
Erst in allerletzter Zeit sind die Wälle beseitigt worden. An der Nordseite
in den Jahren 1890—1915, weil die Erde zu Ziegeln verarbeitet wurde, und an
der Südostseite 1911, weil sie der landwirtschaftlichen Nutzung hinderlich waren.
Nur ein kurzes Stück des einst so stattlichen Walles an der Nordostecke mit
einer Bastion (als Spielplatz der Kleinkinderschule glücklicherweise noch gerettet)
und die Bastion des Untertores mit einem kurzen Stück Wall sind erhalten ge-
blieben — sehr wenig von der bis 1900 noch fast vollständigen und überaus
malerischen Anlage! Von dem wassergefüllten Graben gibt der Schloßteich Kunde.