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helme. Der architektonische Rahmen und sein Schmuck, das feine Rankenwerk,
mit dem jeder Pilaster auf drei Seiten verziert ist, die Kapitelle usw. — das
alles ist im Stil italienischer Renaissance gebildet, während die Wappenschilde
das Rollwerk aufweisen, das der deutschen Renaissance in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts eigen ist. Alles aus Stuck hergestellt und durch lichte Be-
malung zu lebendigster Wirkung gebracht. Die Wappenschilde haben ihre vollen
heraldischen Farben.
Abb. 208. Kopf des Grafen Philipp zu Solms, gest. 1544, Br.
und der Adriana, geb. Gräfin von Hanau, gest. 1524.
Die Figuren zeigen an dieser Stelle, unmittelbar neben den Grabsteinen des
14. und 15. Jahrhunderts, in eindringlichster Weise den Wandel der künstlerischen
Auffassung im Übergang vom Mittelalter zur Renaissance. Dort Stilisierung in
Form und Haltung, und doch zugleich ein Ahnenlassen tief innerlichen Lebens,
zumal bei den Frauen. Ganz unirdisch stehen die Menschen auf phantastischen Tie-
ren oder sie liegen auf weichen Kissen. Hier rücksichtsloser Naturalismus, der alle
sichtbaren Dinge und das bewußte Leben kraftvoller, fest auf dem Boden stehender
Menschen zur vollsten Geltung bringt. Rüstungen und Trachten sind auf das
peinlichste genau wiedergegeben mit Waffen, Riemen, Ketten, Ringen und
Schmuckstücken aller Art, auf deren Darstellung die Besteller in einem Dingzettel
von 1545 den größten Wert gelegt hatten. Durch die ungewohnte farbige Be-
handlung, die wohl auf die ursprüngliche Bemalung zurückgehen mag, wird vol-
lends der Eindruck zu erstaunlich naturhafter Wirkung gesteigert.
Graf Reinhard, der bekannte Feldherr und Berater Karls V., hat in Ge-
meinschaft mit seinem Neffen Friedrich Magnus seinen Eltern, seinem Bruder
und dessen Gemahlin wie auch sich selbst und seiner Ehefrau das Denkmal setzen
lassen. Reinhard regierte 1544—1562. Schon im ersten Jahre der Regierung faßt