Lich 285
nach außen gerichteten, hatten unter dem Kegeldach einen vorgekragten Wehr-
gang mit Zinnen, die inneren der Stadtseite über den Traufen je vier spitzhelmige
Gauben. Abb. 176, 177.
Im Erdgeschoß des Südflügels ist heute noch eine spitzbogige Tür zu sehen,
zwei Räume zeigen Gewölbe aus dem 16. Jahrhundert.
1617 — so lesen wir in den Akten des Fürstlichen Archivs zu Lich — ward der
Turm „bey den Canzelleyen‘ abgebrochen. Das ist wohl der Rest des Turmes, der
am 19. Januar 1606 eingestürzt war, „weil Graf Ernst zwei Fenster drein brechen
lassen, das Mauer Werck sehr bese‘ (Archiv Braunfels 1609)!). Er sollte wieder auf-
gerichtet werden. Ein Dingzettel ist vorhanden. Drei Gewölbe sollte er erhalten,
im untersten ein Gefängnis. Dieser Turm, der nordwestliche, fehlt in dem Plan
über den Zustand des Schlosses vor 1764. S. Abb. 219. Wahrscheinlich ist es nicht
zum Wiederaufbau gekommen.
ame,
In dem Jahre 1673 verdingt Graf Hermann Adolph Moritz an die Meister und
Zimmerleute Hanns Georg Meyer und M. Gabriel Weyel in Lich „‚den langen Schloss-
bau nach der Stadtmauer zu von Anfang bis zu End 140 Schuh lang und 32 Schuh
ungefähr breit mit 4 Türmen neu zu zimmern und aufzubauen‘. Das Maß von 140
Schuh stimmt mit der jetzigen Ausdehnung des Südflügels einschließlich der Rund-
türme. Diese Türme sollen in ihrer Mauer stehen bleiben und nicht höher werden,
sondern „gleich mit der Spitz in Form einer welschen Haube zugemacht wer-
den“. Wenn man den Dingzettel recht versteht, ist zwischen den Ecktürmen das
Mauerwerk des Erdgeschosses stehen geblieben; es sollten die „‚Lossamenter‘ über-
all fast genau so wieder angeordnet werden, ‚wie es anitzo steht“. Über den Bau
sollte ein „ganz gleiches Dach‘ geführt werden. Endlich sollten die zwei Stiegen-
türme in gleicher Höhe aufgeführt und mit welschen Hauben verwahrt werden.
So der Dingzettel vom 31. Januar 1673. Die Ausführung geschah alsbald. Im
Jahre 1676 erklärt der Graf, daß er genötigt gewesen, seinen Schloßbau —
gemeint ist eben der Südflügel — ablegen und von neuem aufbauen zu lassen.
1679 war der Neu- oder Umbau noch nicht vollendet, denn in diesem Jahr
wird ein neuer Akkord mit Baumeister Johann Ludwig Greber aus Weil-
münster abgeschlossen, der aber sehr bald die Arbeit liegen läßt. Dadurch entsteht
eine Unterbrechung, und am 14./24. Febr. 1682 wird mit dem Zimmermeister
Johann Mattheus Rühle von Simmernhausen, Bistum Würzburg, wieder eine
Vereinbarung getroffen und ihm die Errichtung von 4 Welschen Hauben, ‚„‚nämlich
2 grossen aussenwerts auf die Türme und 2 kleinen inwendig auf die Stiegen“
übertragen, die dann auch in demselben Jahre noch zur Vollendung kommen.
Wo die Stiegentürme gestanden haben, ist nicht festzustellen. Wohl an der Hof-
seite des Südflügels.
Um diese Zeit herum —- es ist darüber nichts überliefert, obwohl es sich um
sehr umfangreiche Arbeiten handelte — müssen auch die neuen Befestigungs-
anlagen zur Ausführung gekommen sein. Wir kennen sie aus einem Plan vom
!) Mitteilung Baurat Seiler- Braunfels.
1606
bis 1617
1673
bis 1682