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dort die Reutwiesen auf einer Steinpackung und setzt sich südwestlich als „Heer-
straße‘ nach Birklar—Muschenheim fort. Der mittlere Arm zieht über die Kolben-
mühle an den Pfarräckern durch Nieder-Bessingen und südlich der Wetter an
Mühlsachsen, dem Häuser Kopf, Stockwiesen, Klafterschlag und Höllenfritz
vorbei nach Langsdorf. Ein dritter Arm der Straße geht an der Sommersmühle
vorbei durch Ettingshausen und Ober-Bessingen nach Villingen. Bei den oben-
genannten Pfarräckern und Bachäckern vereinigt sich mit dem mittleren Zweig
eine von Münster kommende Straße. — Der ganze Geländestreifen (Acker und
Wald) nordwestlich der Wetter zwischen dem Ort und der Peinmühle, besonders
die Gewanne ‚„Ihomaswiese‘“ und ‚der große Gemeindewald‘‘, bietet so viele
Fundstücke an Scherben und geschliffenen Steinartefakten, daß auf eine oder
mehrere große neolithische Siedlungen geschlossen werden muß. In den Gewannen
„Heideköppel‘, ‚Greinert‘“, ‚Thomaswiese‘“ und „der große Gemeindewald“
liegen Grabhügel der Bronzezeit, deren Aufwurf aus mit neolithischem Material
durchsetzter Erde besteht. HH;
Im 8.—10. Jahrhundert Bezzingestat, 1239 Bezingen, 1316 Bessingen inferior,
Nieddernbessungen (!), Nidder Bessingen erst zwischen 1456 und 1449), sodann
1454. Dagegen Oberbessingen bereits 1260; wo daher Bessingen allein genannt
wird, ist in der Regel Niederbessingen anzunehmen. In den Urkunden, in denen
beide Orte zusammen erscheinen, werden sie ohne Unterscheidung nebeneinander
gestellt.
In die Herrschaft Münzenberg gehörig, wird das Gericht Bessingen 1255 an
die Herren v. Falkenstein und v. Hanau vererbt, die es einige Zeit gemeinsam
besitzen. Hanau scheint seinen Anteil Falkenstein überlassen zu haben, denn 1271
ist das Gericht Münster, mit dem das Gericht Bessingen identisch ist, ganz in
Falkensteinischem Besitz?). Unter Solmsischer Herrschaft wurde es geteilt. Die
Linie Braunfels erhielt Röthges und Niederbessingen, die übrigen Orte fielen an
Lich?). Graf Bernhard II. verlieh die Vogtei in Niederbessingen an Werner v.
Bellersheim. Der Ort bildete fortan mit Röthges, Nonnenroth und Villingen ein
Gericht, das dem Amt Hungen zugeteilt wart).
Über die kirchlichen Verhältnisse sind wir recht schlecht unterrichtet. Im
Jahre 1316 erscheint Bessingen inferior als Pfarrkirche, denn ihr wird die von
Münster abgetrennte Kirche in Oberbessingen unterstellt’). Dann, im Jahre 1482,
wird Bessingen, womit nur Niederbessingen gemeint sein kann, als Filial der
1) Rotes Buch Fol. 213 im Archiv Braunfels. — Scriba hält den in einer Schenkung Karls d. Gr.
für das Stift Hersfeld v. J. 782 (Wenck II UB S. 11 Nr. 8, III UB S. 14 Nr. 13) genannten Ort Bereziezun
oder Berinscozo im Lahngau für Bessingen. Das ist sicher nicht richtig; wahrscheinlich ist es Bernscheit
im Lahngau — Bessingen gehört zur Wetterau.
2) Das Gericht Münster war 1239 von Ulrich v. Münzenberg mit einem Hof in Bessingen und anderen
Gütern und Einkünften zwei Herren v. Schweinsberg verschrieben worden. Von diesen mag es Falkenstein
nach dem Antritt der Münzenberger Erbschaft eingelöst haben. (Archiv I, 286.) — Näheres über das Ge-
richt s. bei Münster.
2). Archiv. 1,28. 292.61.
#) Rotes Buch Fol. 206. 213. im Archiv Braunfels.
5) Urkunde im F. Archiv Lich.