Oberbessingen 391.
In Herrschaft und Gerichtszugehörigkeit folgt es bis zu den Teilungen zwischen
Bernhard II. und Johann v. Solms 1432 und 1436 der Schwestergemeinde, dann
wurde Johann v. Solms-Lich sein Landesherr.
Im Jahre 1260 besaßen die beiden Brüder Reinbold und Ludwig v. Altenburg
(bei Alsfeld) einen Hof in Oberbessingen als Münzenbergisches Lehen. Sie ver-
kauften ihn an das Kloster Haina!). Graf Reinhard v. Hanau, einer der Münzen-
bergischen Erben, erteilte als Lehensherr seine Zustimmung zu dem Verkauf und
überließ den Hof bald darauf dem Kloster als Eigentum?). Nach der Aufhebung
der Klöster in Hessen 1527 verkaufte Abt Ditmar v. Haina diesen Hof mit anderen
Gütern an Graf Philipp v. Solms-Lich?).
In kirchlicher Beziehung ist Oberbessingen bis 1316 ein Filial von Münster
gewesen. In diesem Jahre trennt Abt Johann von Arnsburg im Auftrage des Erz-
bischofs Peter von Mainz mit Zustimmung des Patrons, Philipps v. Münzenberg,
Kirche und Dorf Bessingen von der Mutterkirche und unterstellt sie der Pfarr-
kirche in Niederbessingen, weil den Pfarrkindern die Verbindung mit Münster im
Winter durch Überschwemmungen oft unmöglich gemacht werde®). Die Kirche
wird 1503 als heilige Kreuzkirche bezeichnet und in den Jahren 1578-—-1675
umgebaut’). E
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Der Ort soll durch Graben und Mauer befestigt gewesen sein. Alte Leute
haben erzählt, daß — wie überall — der Haingraben zu Gärten eingeebnet und
das Mauerwerk anderweitig verarbeitet worden sei. Die außerhalb des Ortes in
ummauertem Kirchhof auf einer Anhöhe stehende Kirche war die Burg des Ortes.
Das obere Torhaus, zugleich Rathaus, ist noch vorhanden. Zwar stammt es erst
von 1782. Doch wissen wir aus der Chronik des Bürgermeisters Rühl, der 1670-72
und 1679—1708 das Amt innehatte, daß ein älteres Rathaus, die Pforte genannt,
seit 1593 an derselben Stelle gestanden hatte. Dieses ältere Rat- oder Pfortenhaus
brannte 1675 in der Kirchweihnacht mitsamt seiner Glocke und dem Uhrwerk,
die 1669 beschafft worden waren, ab. 62 Häuser, Scheuern und Ställe wurden
damals eingeäschert®).
Kirche, nach NO gerichtet, aus gotischer Zeit, gegen 1500 verändert und zT.
mit neuen Fenstern versehen. Kapelle an der Südseite ganz spätgotisch, 16. Jhdt.
Einschiffige Kirche mit abgesetztem Chor. Das Schiff hat drei Joche von
Kreuzgewölben mit gekehlten Rippen: die beiden westlichen Joche sind durch
eine Gurtrippe, die beiden östlichen durch einen stark vortretenden unprofilierten
Gurtbogen getrennt. Zweck des Gurtbogens war hier wohl die Unterstützung des
Dachreiters. Die Gurtbogenpfeiler haben einen Sockel mit Kehle und einen Kämp-
fer, aus Kehle und Platte bestehend. Die einzelnen Gewölberippen sitzen auf
1) GCD 1, 676 Nr. 296.
2) Reimer I, 356. 380.
®) GCD I, 439.
*) 1316 IV. Id. maii. — Urkunde im fürstl. Archiv in Lich.
5) Akten ebenda.
°) Mitt. des Lehrers i. R. Jacob. Die Rühl’sche Chronik ‚„Hausbuch des Johannes Rühl zu Ober-
bessingen 1655 und ff.“ befindet sich in der Universitätsbibliothek zu Gießen.
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Befesti-
gung
Kirche