Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

   
Malerei — Menschenbilder — Rom und China 91 
Plinius) (gest. 79 n. Chr.) erwähnt den Handel in Seide mit den ,„Serer““, 
die er mit blauen Augen und blondem Haar schildert. Diese Angabe ist durchaus 
möglich, denn die Römer sind wahrscheinlich damals nur bis Chinesisch-Turkistan 
selangt, und dort lebten blauäugige, aus Europa einst eingewanderte Völkerstämme, 
was sowohl durch zahlreiche Literaturstellen, als auch durch ausgegrabene Bilder?) 
von den letzten Grünwedel- und Le-Coq-Expeditionen nach Turkistan bewiesen ist. 
166 n. Chr. ging eine römische Gesandtschaft auf dem Seewege nach Kanton und 
brachte Elfenbein, Rhinozeroshorn und Schildpatt als Geschenke. Desgleichen 
sollen Verbindungen zwischen dem westlichen Yünnangebiete, das von den Chinesen 
erobert wurde, und der Bay of Bengal bestanden haben. Ptolemäus berichtet 150 
n. Chr. von der Karawanenstraße, die über das Pamir-Hochland und Khotan nach 
Sera Metropolis, Sinanfu, führte. 
In den chinesischen Annalen wird zum letzten Male eine römische Gesandt- 
schaft aus dem Jahre 284 n. Chr. erwähnt. Auf der anderen Seite wollten auch die 
Chinesen in direkten Verkehr mit Rom treten und sandten 97 n.Chr. Kan Ying 
nach dem Westen, um durch die Zwischenvölker nach dem römischen Reiche vorzu- 
dringen. Er durchreiste Turkistan, Ferghana, Sogdiana und Baktrien, aber als er 
in Parthien an das Meer kam, sagten die Seeleute, daß er für die Seereise für drei 
Jahre Nahrungsmittel mitnehmen müsse. Das schreckte ihn ab, so daß er die Reise 
aufgab und heimkehrte. Auch heißt es, daß dieselben Parther römische Gesandt- 
schaften auf dem Landwege nach China ebenfalls aufgehalten haben. 
Wir sehen, daß beide Staaten Kenntnis voneinander hatten, aber die Kette 
der mittelasiatischen Handelsvölker war zu fest, um durchbrochen zu werden. Der 
Seeweg war wiederum zu langwierig und gefährlich. So gelangte nur durch viele 
Zwischenhände zu Land über Zentralasien oder zu Wasser über Indien die Seide 
nach Rom, während römische Gläser, Perlen und Münzen nach China kamen. Die 
Annalen der Suidynastie (561 n.Chr.) berichten, daß im Hinterlande des Gelben 
Flusses Münzen aus westlichen Ländern verwendet wurden, und desgleichen heißt 
es in der Topographia Christiana von Cosmos (545 n. Chr.), daß römisches Geld 
durch Handel bis ans Ende der Welt kam. Tatsächlich hat Bushell®) im Innern von 
der Provinz Shansi sechzehn römische Münzen gefunden, die aus der Zeit von Tiberius 
aus dem Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr. bis Aurelius (275 n. Chr.) stammen. 
Neben dem mittelasiatischen Mischstil seit dem 4. Jahrhundert ist auf direktem 
Wege nur ein römischer Einfluß aus der Zeit etwa von der oben erwähnten ($. 44) 
Reise von Chang Kien bis zur letzten römischen Gesandtschaft (284 n. Chr.) möglich 
gewesen. Der im 2. Jahrhundert v.Chr. in China aufkommende moderne Villen- und 
Palaststil mit seinen Hügeln und Seen, Terrassen und Figuren kann daher sehr wohl eine 
Wirkung dieses Verkehrs gewesen sein, dem wahrscheinlich auch viele neue Verzierungs- 
symbole und Techniken folgten. Sollte es wirklich nur ein Zufall sein, wenn wir 
unter den wenig erhaltenen römischen Mosaiken z. B. in Karthago *) runde und 
sechsseitige Medaillons finden, die nicht nur die beliebtesten Darstellungen chine- 
sischer Kleinkunst: Hühner, Entenpaare, Kaninchen, einzelne und paarweise Fische, 
Blumen, Früchte und pflanzliche Rosetten enthalten, sondern auch in der Ausführung 
chinesisch erscheinen? 
!) J. Edkins, Allusions to China in Pliny’s natural history. Journal of the Peking 
Oriental Society, Peking 1885, I. 1. — Hirth, China and the Roman orient, researches 
into their aneient and medisval relations as represented in old Chinas record. Shanghai 
1885. — S. W. Bushell, Ancient Roman coins from Shansi, Peking 1885, I. 2. 
2) Originale im Museum für Völkerkunde in Berlin. 
3) Bushell, Ancient Roman coins from Shansi, Peking Oriental Society, 1885, 1, 2. 
4) Jahrbuch d. Kais. Deutsch. Archäolog. Instituts, Bd. XIX, 1904, 8. 122, Archäo- 
logische Funde 1903. 
      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
    
	        
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