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96 Hanzeit — Südlicher Stil
umfangreiche Literatur entstanden, ohne daß eine bestimmte Deutung der Ver- |
zierungen bis heute erlangt ist. Wir wissen auf Grund der sehr eingehenden |
Spezialstudien, daß die chinesische Literatur sich wiederholt mit den Bronzepauken
beschäftigt hat. So wird in einem Erlaß aus dem Jahre 378 n. Chr. erwähnt, daß die
Barbaren im Süden die Pauken als so kostbare und wertvolle Gegenstände ansehen,
daß sie das Kupfergeld für diesen Zweck einschmelzen und daß daher kein Kupfer
mehr ausgeführt wird. Von den Kriegszügen werden Bronzetrommeln als be-
sonderes Beuteobjekt an den Hof geschickt (um 500) und auch als Tribut über-
reicht (966, 1012). Gleichzeitig (984) wurde ausdrücklich vom Kaiser das Gießen
von Bronzepauken erlaubt, nachdem es offenbar vorher wegen der Entziehung des |
Kupfergeldes aus dem Markt verboten war. Im alten China wurden ebenfalls |
Kriegstrommeln gebraucht, aber die Form der Bronzepauken scheint im Norden |
völlig unbekannt gewesen zu sein, so daß anzunehmen ist, daß sie entweder schon |
bei den Manvölkern bestand oder die dort üblichen Holztrommeln mit Fell von |
den Chinesen nachgebildet wurden.
In Südchina ist die Trommelfabrikation niemals ausgestorben. Bronzepauken
sind über Chinas Grenzen hinaus bis auf dem Archipel gefunden. 1573 eroberten
die Chinesen 60 südliche Festungen und erbeuteten 93 Bronzetrommeln. Damals
galten unter den Südvölkern die besten Trommeln als Tauschwert von 1000 Kühen,
die weniger guten 700—800 Kühe. „‚Derjenige, welcher zwei oder drei Pauken in
seinen Besitz zu bringen weiß, kann sich den Fürstentitel zulegen. Schlägt man sie
auf dem Gipfel eines Berges an, dann kommen alle Man in Haufen zusammen.“ Der
Wert wurde nach der Hörweite des Schalles geschätzt. Die neugegossenen Pauken
hatten nur den praktischen Geld- und Gebrauchswert, während man daneben schon
im 6. Jahrhundert begann, die alten Stücke als Antiquitäten zu sammeln.
In Java wurden 1370 unter den Geschenken auch Bronzetrommeln genannt.
Um 1700 gab es in Kanton zehn Gießer, die die Technik des Trommelgusses als Ge-
heimnis behandelten. Auch in neuerer Zeit werden sowohl in China, als auch in den |
Shanstaaten!) Bronzetrommeln, wenn auch in weniger kunstvoller Ausführung, |
hergestellt.
Es ist natürlich, daß während 2000 Jahren und in den verschiedensten Her-
stellungsplätzen unter Beibehaltung des Grundschemas vielerlei Formen und
Muster entstanden sind. Auf diese im einzelnen einzugehen liegt nicht im Rahmen
der vorliegenden Arbeit, auch ist trotz des schon reichlich vorliegenden Materials
noch keine Entwicklungsreihe endgültig festgestellt. Ich will daher nur diejenigen
Momente erwähnen, die von der chinesischen Bronzeornamentik der ältesten Zeit
abweichen. Während wir von den Opfergefäßen die Spiralen, Tier- und Augornamente
kennen, sind bei den Manbronzen die geometrischen Muster vorherrschend, und da-
neben kommen Tier- und auch Menschendarstellungen vor. Vor allem sind kleine
plastische Figuren auf dem Rande der oberen Schallfläche sehr charakteristische
(Abb. 76) Eigentümlichkeiten dieses Stiles.
Vorwiegend ist die runde Oberfläche durch Kreise ın Zonen eingeteilt, die
reich omamentiert sind. In der Mitte ist häufig ein im sonstigen China völlig unbe-
kanntes Muster: der sechs- bis zwölfzackige Stern, der vielleicht auf den Einfluß
astronomischer Studien aus dem benachbarten Indien schließen läßt. Die Pferde,
Pfauen, Kraniche und andere Vögel finden wir auf den gleichzeitigen Bronzespiegeln
Chinas, dagegen kennen wir von dort keine Elefanten , die noch bis etwa
zum Jahre 1000 in Südchina hordenweise in den Bergwäldern lebten und selbst
bis zum Yangtsefluß kamen, ferner keine stilisierten Schifismuster und noch
1) A. Fischer, Die Herkunft der Shantrommeln, Ztschr. f. Ethnologie, XAXYV,.1903,
S. 668-669.