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Bronzen — Faltenwurf — Japan — Wandmalerei
stehenden Figuren haben die Füße parallel gestellt, den Kopf zu groß, den
Körper unproportioniert und ähnliches. Gleichzeitige Arbeiten (Abb. 105) von
dem gefeiertsten Künstler der Zeit, Tori, dessen Großvater aus China eingewandert
und in Japan naturalisiert (507—531) war, zeigen dagegen das beginnende Streben
nach Individualisierung der Gesichter und Handstellungen.
Der blattförmige Nimbus ist zu einer riesigen Hinterwand entwickelt. Die
griechische Ornamentik ist ihres zusammenhängenden Konstruktionscharakters
völlig entkleidet und zu willkürlichen Füllmotiven gestaltet. Die Körper sind
naturalistisch kurz und dick und gegenüber dem Gesicht wenig durchgearbeitet.
Interessant ist der in kühn stilisiertem Faltenwurf bedeckte Sockel der
Hauptfigur, der durch seine schematischen, parallel verlaufenden Bogen an griechische
Gewandarbeiten,!) z. B. an die Athene von Ägina, erinnert. In späterer Zeit siegt
in Japan der Einfluß der Kalligraphie, und in geschwungenen Linien werden die
Gewänder modelliert. Dem Japaner erscheint die letztere Art mehr naturalistisch,
weil sie seinem Schönheitsgefühl entspricht, während sie uns noch mehr stilisiert
als die alte, klassische Art erscheint, die bei sorgfältiger Arrangierung der Stoffe
immerhin in Wirklichkeit möglich ist. Die Gußstatuen von Tori dürften den
Bronzearbeiten der chinesischen Künstler von der Nordweidynastie entsprechen;
noch ist der griechische Einfluß der Gandharakunst zu erkennen, aber das Ganze
ist eine naturalistische, nationale Weiterentwicklung. Die künstlerische, bessere
Ausführung gegenüber den Felsreliefs liegt wohl vorwiegend in dem anderen
Material begründet.
In Japans Tempeln sind eine ganze Reihe von Holz- und Bronzestatuen
erhalten, die der Suikoperiode (593—628) zugeschrieben werden und die sehr ver-
schiedene Ausführungen zeigen. Der Hauptunterschied liegt in der Kunstfertigkeit
des ausführenden Bildhauers. Neben plumpen Körpern kommen auch schlanke,
in graziöser Linienführung geschnitzte Figuren vor, die an Frauengestalten
Ku Kaichihs erinnern, bei denen auch der Faltenwurf schon kalligraphische
Rundungen zeigt.?) Diese Unterschiede dürften darauf zurückzuführen sein, dab
unter dem eifrigen Vorkämpfer des Buddhismus, dem Prinzen Shotoku (571—621), die
in Jahrhunderten entstandene, buddhistische Kultur und Kunst Chinas auf einmal
nach Japan flutete, ähnlich wie in den letzten Jahrzehnten die europäische
Kultur. Koreanische und chinesische Künstler übersiedelten, alte Kunstwerke
wurden eingeführt, und vieles wurde in Japan selbst nachgeahmt; so kamen viele
Stile aus verschiedenen Zeiten und Provinzen gleichzeitig über das Meer. Viel-
leicht werden japanische Forscher, wenn erst das ganze Material vorliegt, eine
genauere Bestimmung der einzelnen Epochen feststellen können, jedenfalls können
wir heute alles, was aus dieser glänzenden Kunstzeit Japans erhalten ist,
als charakteristisch für die chinesische Kunst vor und während des Beginns der
Tangzeit ansehen.
Welche Höhe am Ende des 6. Jahrhunderts die buddhistische Kunst Ostasiens
erreicht hat, zeigen uns Wandmalereien, die wir nicht in China, sondern
ebenfalls nur in Japan finden. Im Horiujitempel zu Nara, jener Schatz-
kammer von Kunstwerken aus der Zeit um die Wende des 7. Jahrhunderts, sind
zwar etwas abgeblaßte und lädierte, aber noch gut erkennbare Fresken erhalten.
Wenn es auch nur Provinzialkunst ist und die Malereien nicht den Meister-
werken der chinesischen Kunst gleichkommen dürften, so sind diese Bilder jeden-
falls für den Stil der Zeit außerordentlich charakteristisch und in ihrer Seltenheit
ungemein kostbar. Die verhältnismäßig noch vortreffliche Erhaltung zeigt eine
1) Kosaka Hamada, Seulpture of the Suiko Periode. Kokka, Heft 199.
2) Abbildung in Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, BET 833, Ne lo
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte 10