166 Tangzeit (618—960)
Ostasien unbekannt und daher auch die Möglichkeit für eine derartige Dar-
stellung nicht gegeben, außerdem würde die Betonung der physischen Kraft
kein Vorzug für die philosophierenden Götter in den Augen der Buddhisten
sein. Wie man Buddha weder nackt noch in übertriebener Körperkraft dar-
stellt, werden diese Tempelhüter niemals bekleidet und niemals
Vorbild im Leben nicht
vorhanden war, wurde in
übertriebener Weise den
alten Mustern nachgeformt.
Die Auffassung der Kom-
position ist einfach und
würdig. Die tiefe Relief-
Abb. 128 meißelung ist weich und
Buddha, Steinrelief „pgerundet und wird durch
in Mauernische des
TempelsPaochingbei das ornamentale Flach-
Tangzeit (018- 907, relief über den Figuren ge-
(Aus: Kokka,Heft85)) schmackvoll zusammen-
gefaßt. Auch inhaltlich
haben die Figuren eine bessere Charakte-
risierung durch die Symbole in den Händen
und die Verschiedenartigkeit der Kopfbe-
krönungen, der Stellungen und Handhaltung.
Im Museum zu . Boston ?) befindet sich
ein Marmortorso von etwa 90 cm Höhe
ohne Kopf und Arme, der aus den Ruinen
eines alten Tempels im Innern von China
ausgegraben sein soll. Eine nähere Orts-
angabe fehlt. Man nimmt als Zeit der
Herstellung den Beginn des 7. Jahrhunderts
an. Die überschlanke Figur, der Halsschmuck
und die vorgeschobene Hüfte zeigen den
in sinnender Pose wiedergegeben.
Der Löwe (Abb. 126) im Felsen mit dem breiten Maule
erinnert an indische Vorbilder, wie z. B. den Löwen von Mathura,
der jetzt im Museum zu Lakno sich befindet. ') Wahrscheinlich
wird diese Form, die der Zufall des Steinmaterials aus so früher
Zeit erhalten hat, das Vorbild für die im späteren Kunstgewerbe in
China und Japan so häufig vorkommenden stilisierten bud-
dhistischen Löwengestalten gewesen sein, die mit den älteren Dar-
stellungen der Hanzeit nicht verwechselt werden dürfen (s. 8. 103 /4).
Die gleiche naturalistische Auffassung veredelte auch die
Buddhafiguren (Abb. 127, 128, 129). Das Gesicht und der
Faltenwurf erscheinen besser der Natur nachstudiert, aber die
konventionelle Stellung und die parallelstehenden Füße mit
plumpen Zehen wurden beibehalten; der Schmuck, für den ein
Abb. 129 Buddha und Begleiter, Steinrelief
an der Mauer des Tempels Paoching bei
Sinan, Tangzeit (618 —907)
(Aus: Kokka, Heft 85)
indischen Einfluß. Marmorfiguren sind sonst in China nicht bekannt geworden,
und die elegante Ausführung entspricht wenig dem bisher bekannt gewordenen Stile
der chinesischen Felsreliefs. Aber das bisher gefundene Material von Arbeiten
aus der Tangzeit ist zu gering, um etwas Genaues über die Entstehung der
Figur sagen zu können.
1) Foucher, L’art Gr&co-bouddhique du Gandhara, Abb. 92, 93, 98.
2) Abb. im „Museum of fine arts bulletin“, Boston, Bd. VI, No. 35, Oktober 1908.