Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
    
  
   
       
     
178 Tangzeit (618—960) 
geblieben. Chinesische Schriftsteller berichten, daß z.B. Wandschirme von Yen 
Lipen oder Wu Taotze einen Marktwert von 20 000 Silberunzen schon vor Jahr- 
hunderten gehabt haben. Derartige Werke wurden für die kaiserlichen Sammlungen 
aufgekauft, und gerade dort war stets die gefährlichste Aufbewahrungsstelle, da alle 
Kämpfe um den Kaiserpalast gingen. 
Vielleicht wird ein glücklicher Zufall noch einzelne durch die Kriege zerstreute 
Kunstwerke an den Markt bringen, wie die Bildrolle von Ku Kaichih im British 
Museum, vielleicht haben chinesische Große noch einige Werke verborgen — jeden- 
falls fehlt jede Kenntnis und jede Abbildung, und selbst die Japaner, die sonst gut 
unterrichtet sind, können uns keine Anhaltspunkte geben. Erschwerend für die Be- 
  
Be 
Abb. 139 Gebirgslandschaft mit Wasserfall und zwei 
Wanderern. Schwarzweiß, aufSeide, etwa 97 zu 42 em, im 
Daitokujitempel, Kyoto, Japan, zugeschrieben Wu 
Taotze am Hofe des Tangkaisers, 713—755 
(Aus: Tajima, Selected relies of Japanese art, Bd. III) 
Text s. S. 180 
stimmung der Bilder ist der Umstand, 
daß in der Tangzeit Bilder niemals 
gezeichnet oder gestempelt wurden, 
höchstens wurden sie später von Kunst- 
kennern attestiert. 
In der allgemeinen Meinung der 
Kunstkritiker gilt Wu Taotze (japa- 
nisch: Godoshi) als der größte chine- 
sische Maler aller Zeiten. Er wurde 
gegen Ende des 7. Jahrhunderts in 
der Nähe von Kaifong in der Provinz 
Honan geboren; seine Eltern waren 
arm und starben bald nach seiner Ge- 
burt. Als er noch Knabe war, drang 
sein Ruhm bereits bis zu dem Kaiser, 
der ihn an den Hof berief und ihm 
eine Stellung gab. Sein Werk war sehr 
umfangreich. Mehr als 300 Fresko- 
bilder soll er an Tempelwänden gemalt 
haben und eine große Anzahl von 
Einzelbildern, während Bildrollen nicht 
erwähnt: werden. Sein Geist umfaßte 
alle Vorwürfe, die künstlerisch inter- 
essierten, wie Menschen und Bud- 
dhas, Götter und Teufel, Vögel und 
wilde Tiere, Landschaften, Häuser und 
Pflanzen. Fünf lebensvoll wirkende 
Drachen an einer Wand des Kaiser- 
palastes werden gerühmt, und die 
Stationen aus dem Leben Buddhas in 
dem Tempel Kaiyuan galten als das 
vollendetste Werk der Welt; aber der 
Historiker meldet, daß bereits 742 die 
Stadt in die Hände der Feinde fiel und 
der Tempel zur Ruine wurde. Das 
Schicksal des Religionsstifters war von 
der Geburt, der Vorbereitung zum 
Wanderleben, der Tätigkeit als Lehrer 
bis zu seinem Eingange in das Nirvana 
geschildert. Das letzte Bild in der 
Reihe stellte Buddha tot auf seinem 
Bette liegend dar, umgeben von seinen
	        
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