Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

   
  
  
   
  
  
    
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
   
   
  
     
184 Tangzeit (618—960) 
ungefähre Vorstellung machen können, welche wesentlichen Unterschiede der 
Chinese bei den extremen Vertretern der Richtungen beachtet. Im weiteren Verlauf 
meiner Untersuchungen berücksichtige ich diesen Unterschied nur vereinzelt, be- 
sonders da, neben den Abweichungen, für die große Masse der Kunstwerke eine 
gegenseitige Beeinflussung stattfand, die in ihrer Gesamtheit den Stil der jeweiligen 
Zeit darstellt. 
Li Ssusün malte in bunten Farben die hochaufgetürmten Felsen des Nordens 
mit ihren keck in den Himmel ragenden zackigen Spitzen 
und schwierigen Bergwegen. Er soll als Erster die 
stilisierten Berge mit Goldlinien konturiert und mit 
Malachiterün ausgemalt haben. Dieser Stil hat sich bis 
zum heutigen Tage erhalten. 
Wurde Li Ssusün das Haupt der nördlichen Schule, 
so wird als Vater der südlichen Schule Wang Wei 
(japanisch: Oi), der Dichtermaler (699 —759), genannt. 
Er war ein hoher Beamter, als er aber in den politischen 
Wirren nur mit Mühe sein Leben retten konnte, zog er 
sich in ein Landhaus zurück und lebte das Idealleben des 
chinesischen Weisen; fern von den Geschäften des Tages 
weihte er seine Zeit der Dichtkunst, Musik und Malerei. 
Ein umfangreiches Werk hat er hinterlassen, aber kein 
Original ist heute mehr erhalten. In der Sammlung 
des Kaisers Huitsung (1125) waren noch 126 Bilder 
vorhanden, meist Landschaften, besonders Schneebilder, 
auch buddhistische Motive, die 16 Lohans, berühmte 
Priester, dann Szenen des Fischfanges, Fischmarktes u. s. w. 
Zum letztenmal wird ein Original in der Sammlung des 
Kaisers Khanghi in dem 17. Jahrhundert erwähnt, und 
auch das ist verschollen. Berühmt war das Bild einer 
blühenden Banane im Schnee, eines Naturspiels, das ın 
China durchaus möglich ist. Das Original soll noch im 
14. Jahrhundert existiert haben. Hirth hat eine Kopie 
gefunden, !) deren Inschrift besagt, daß sie 1680 nach 
einer Kopie aus dem Jahre 1521 gemalt ist. Mit Recht 
sagt Seidlitz,?) daß die „künstlerische Seite im der 
mangelhaften Kopie nicht hervortritt“, aber wir können 
wenigstens den impressionistischen Charakter erkennen. 
Abb. 145 Stilisierte Pflanzen- 2 : : : a ne & 
deköration, Malerei auf einem Zugleich sehen wir wieder ein Beispiel für die Art der 
Teil eines sechsteiligen Wand- asiatischen Kopien. 
schirmes, im K. Schatzhause 
Shosoin, Nara, Japan, nieder- 
gelegt vom Kaiser Shomu, 
724— 748 
(Aus: Toyei Shoku, Bd. I) 
Text s. S. 183 
Eine weit bessere Vorstellung seiner Kunst gibt 
uns eine andere Kopie, die Chao Mengfu im Jahre 1309 
malte und die er ausdrücklich als Kopie nach Wang 
bezeichnet hat. Die vorzüglich erhaltene Bildrolle be- 
findet sich im British Museum (Abb. 146).3) Wir lernen Wei als phantasievollen 
Zeichner und feinen Künstler der Farbe kennen. In der langen Bildrolle ziehen 
panoramaartig Hügelketten und Flüsse an unserem Auge vorüber; Jagdgründe, 
1) Abbildung in Hirth, Seraps from a collector's note book, Tafel... 77. 
2) v. Seidlitz, Kunstchronik, 1906/07, No. 16. 
3) Andere Teile der Bildrolle abgebildet in Giles, History of Chinese pietorial art, 
Tafel S. 50. — Binyon, Painting in the far East, Tafel III. Gleiche Abbildung wie in 
Giles auch in Binyon, A landscape by Chao Meng-fu in the British Museum, T’oung- 
Pao, Serie II, Vol. VI, No. 1.
	        
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