Juden — Synagoge — Lamaismus — Rot- und Gelbröcke — Dalai-Lama 201
lich nicht bestand. Als die ausschweifende Herrschaft der „rotröckigen“ Priester
immer mehr Unwillen erregte und der Glaube in Zaubereien und Aberglauben
ausartete, entstand (um 1450) im Süden von Tibet eine neue Lehre.
Tsongkhaba war der geistige Leiter; er zog als Wanderlehrer herum
und predigte Rückkehr zur ursprünglichen Lehre Buddhas. Zum Unterschiede
von dem alten Regime legten seine Anhänger gelbe Kleider und Mützen an.
Er wurde noch vor seinem Tode (1478) als der geistliche Leiter der
lamaistischen Hierarchie anerkannt und setzte zwei Nachfolger ein, die sich in
die Herrschaft teilen mußten, indem der eine die politische Leitung — Dalai-
Lama — und der andere die Sorge für die Reinheit der Lehre — Panschen
Lama — übernahm. Tsongkhaba versprach beiden die stetige Wiedergeburt,
und so kam es, daß im Volke allmählich diese geistlichen Oberhäupter als lebende
Buddhas verehrt wurden.
Der Dalai-Lama siedelte nach
Lhassa über und begründete eine kirch- 2 <>
des Fürsten völlig verkümmerte.
China hörte von den lebenden
Buddhas erst im Anfang des 16. Jahr-
hunderts, sandte 1000 Krieger, um den
Dalai-Lama nach Peking einzuladen,
aber letzterer lehnte ab, und ein zwangs-
weiser Versuch wurde vom Volke ab-
geschlagen. Der Kaiser Chiaching (1522
bis 1567) verfolgte die gelben Mönche
und versuchte den Taoismus in Tibet
zu stärken, aber alle Bestrebungen vr
liche Herrschaft, neben der die Macht T
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waren vergeblich. Als die Ming-
dynastie gestürzt wurde, war die Herr-
schaft des Dalai-Lama überall aner-
4 i Abb. 161 Inneres des jüdischen Haupttempels
kannt, und die Nachkommen der alten (s. Abb. 160); vorn: Tisch mit Weihrauchgefäßen,
i] r öllısc ihre B ng, dahinter auf rundem Podest der „Stuhl Moses“
Fürsten w loren ag = edeutu 8 mit Kissen zum Auflegen der heiligen Schriftrollen
Ein letzter Kampf um die Herrschaft (Aus: Adler, Chinese Jews, Oxford, Juni 1900)
entstand. Die Mandschu hatten die en
Lehre der „gelben Mütze‘ angenommen,
und daher rief der Dalai-Lama den Mandschufürsten (1648) zu Hilfe. Dieser, der
damals noch nicht als chinesischer Kaiser anerkannt war, eilte herbei und unter
der Form, den Schutz des buddhistischen Papsttums in Tibet zu übernehmen,
machte er Tibet zur chinesischen Provinz.
Bei späteren Aufständen und feindlichen Einfällen griff China wiederholt ein,
bis endlich 1758 völlige Ruhe herrschte; allerdings hat China seit dieser Zeit eine
ständige Garnison in Tibet. 1652 kam der Dalai-Lama nach Peking, und der Kaiser
erbaute zur Erinnerung eine Pagode.!) Auch mehrere andere Lamaserien wurden
mit der Zeit in der Hauptstadt angelegt, bei denen der Einfluß der tibetischen
Architektur zu erkennen ist.
Im wesentlichen zeigt die heutige tibetische Kunst den chinesischen Stil
zur Zeit ihrer Entstehung, also den Mingstil. Die Götterfiguren und die Symbolik,
sowie einzelne Formen sind eigenartig, aber künstlerisch konnte Tibet keine eigenen
Gedanken formen.
1) Abbildung vgl. Kapitel über Architektur in Bd. II.