Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

    
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
     
   
  
  
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
Fremde Religionen und Völker 
Manichäismus 
Bei der Krönung Sapors I. von Persien (242) in Persepolis erklärte sich ein 
junger Mann selbst zum Propheten. Cubricus, der Sohn armer, aber vornehmer Eltern 
in Babylon, war in Indien und Zentralasien gereist, lebte in einer Höhle und beschäf- 
tigte sich mit Malen, wahrscheinlich mit Ausmalen der Höhlen- und Tempelwände, 
die wir als alte Kunst in Turkistan kennen gelernt haben. Nach seiner Tätigkeit 
als Maler nannte er sich Mani mit der Ableitung: Manichäus. Er erhielt viele An- 
hänger, aber wurde später zum Tode verurteilt, und seine Leiche wurde über dem 
Tore von Persepolis als warnendes Beispiel aufgehängt. 
Nach seinem Tode verbreitete sich seine Lehre schnell von Syrien und Palästina 
bis Frankreich und Spanien. Weitere Anhänger wurden in Ceylon, Indien und Zentral- 
asien geworben, von wo aus die Lehre wahrscheinlich vor 500 nach China drang. 
In der Kaiserstadt Singan und vielen anderen Orten wurden Tempel errichtet. Ob 
der manichäische Kult bildnerische Darstellungen gekannt hat, wissen wir nicht. 
Längst ist die Lehre ausgestorben und alle Tempel sind zerstört. In Turkistan sind 
viele manichäische Manuskripte ausgegraben worden. Vielleicht geben sie uns Aus- 
kunft, und es wäre denkbar, daß unter den zahlreichen Freskomalereien auch mani- 
chäische Motive enthalten sind.!) Aber einen eigenen künstlerischen Stil hat der Glaube 
nicht geformt. 
Fremde Völker 
Neben den Missionaren kamen fortgesetzt fremde Handelskarawanen und 
zahlreiche Schiffe. Fast zu allen Zeiten war ein reger Handelsverkehr nach Japan 
und Indien zur See und nach den Staaten Zentralasiens zu Lande. Viele Völker- 
vertreter kamen an den kaiserlichen Hof, und besonders unter diesem Einfluß werden 
in der späteren Zeit mit Vorliebe die 500 Schüler Buddhas in den verschiedensten 
Menschenrassen dargestellt. Auf frühen buddhistischen Bildern (Taf. I) sind nicht 
nach der Natur, sondern der Tradition folgend, die Typen nachgebildet. 
Die Kaufleute, nur interessiert für den Vorteil ihres Geschäftes, auch meist 
ungebildet und nur kurze Zeit im Lande sich aufhaltend, haben für den Austausch 
kultureller Güter gar nichts getan. Die Araber, Perser und Inder haben als Kauf- 
leute ebensowenig einen Kultur- oder Kunsteinfluß ausgeübt wie Marco Polo, 
der jahrelang am Hofe weilte. Und ebensowenig taten später die Portugiesen und 
Holländer. Letztere haben sogar genau wie die Engländer und bis zur modernsten 
Zeit alle übrigen Nationen das Urteil in Europa über chinesische Kunst ge- 
täuscht, indem sie minderwertige Exportware als gute Kunstobjekte des Ostens 
ausgaben. 
_ Wenn wir bedenken, wie chinesische Porzellane die Malerei & la porcellana 
in;Italien, die Delfter Fayencenfabrikation, die Meißener Porzellanmanufaktur, wie 
chinesische Dekorationsmotive die „Chinoiserie‘“ des 18. Jahrhunderts auf allen Ge- 
bieten des Kunstgewerbes hervorgerufen, und wie japanische Holzschnitte einen 
Einfluß auf Whistler und die ‚‚Modernen‘ der Malerei ausgeübt haben, so finden wir 
umgekehrt in China nichts Ähnliches. Mit der Einführung des Buddhismus war die 
Reihe der fremden Einflüsse geschlossen. Das Gebäude der Kunst, auf den ursprüng- 
1) Die sehr reichen und interessanten Funde aus Turkistan, die von Lecog mit- 
gebracht hat und die im Völkermuseum zu Berlin der Aufstellung harren, werden 
vielleicht Aufschlüsse geben. Leider war es mir nicht möglich, das Material zu ver- 
werten, da die in Angriff genommene Publikation des Forschers noch nicht vorliegt.
	        
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