9 Einleitung
Handynastie (Verlag Brill, Leiden), gibt uns zum ersten Male Kenntnis von
Arbeiten aus vorbuddhistischer Zeit. Jetzt erst erhalten wir den Schlüssel, um
ganz neue Entwicklungsreihen der Formen zu verstehen. Zugleich werden wir
in Sitten alter Zeiten eingeführt, von denen wir bisher nichts wußten. Was
unser Landsmann Laufer auf seinen erfolgreichen Forschungsreisen im Auftrage
amerikanischer Stiftungen an alten Schätzen zusammengebracht hat, wäre früher
gewiß noch viel leichter zu finden und zu erwerben gewesen, aber kein Europäer
hat vor Laufer diesen archäologischen Schätzen Verständnis entgegengebracht.
Viele Tausende Photographien illustrieren die Reiseberichte und sind in den
Läden käuflich, aber erst Chavannes hat im letzten Jahre zum ersten Male
wichtige Abbildungen von Steinrelieis mitgebracht, die uns die älteste buddhistische
Kunst illustrieren und die Verbindung mit der Kunst des Westens beweisen.
Eine vortreflliche Ergänzung hierzu geben die einzigen Schätze, die Grünwedel
und Le Coque in Turkistan ausgegraben haben und die jetzt im Besitz des
Berliner Museums sind.
Die Sinologen Hirth und Giles haben die chinesische Literatur durch-
studiert und zum ersten Male auch die Malerei berücksichtigt. Wertvolle Notizen
sind übersetzt und gesammelt, aber die historischen Daten und Anekdoten können
uns nur vereinzelte Anhaltspunkte für die Kunstgeschichte geben und kein Bild
der Kunst selbst entrollen. Die einzigen umfassenden Kunstgeschichten Chinas
von Paleologue (1887) und Bushell (1904) entsprechen der Sammelmode. Paleo-
logue widmet von 319 Seiten seines Werkes nur 45 Seiten der Malerei, dagegen
75 den Bronzen und den Rest der Keramik, Architektur u. s. w. Bushell, der
beste Kenner chinesischer Porzellane, widmet seinem Lieblingsgebiet 58 Seiten
mit 67 Abbildungen und 200 Seiten allen übrigen Kunstgewerben und der Archi-
tektur, während die Malerei auf 43 Seiten mit 10 Abbildungen erledigt wird.
Anderson hat seinem großen Werke über japanische Malerei auch 14 Seiten
über chinesische beigefügt, aber seine Studien auf Grund japanischer Angaben
sind nicht erschöpfend.
Da chinesische Originalgemälde vor der Mingzeit, abgesehen vereinzelter
Stücke in London und Amerika, nicht außerhalb Chinas und Japans Grenzen
studiert werden können und dort die verschlossenen Rollen im Privatbesitz kaum
zugänglich sind, so müssen wir es mit dankbarer Freude begrüßen, daß uns
Japan seine chinesischen Schätze in kunstvollen Reproduktionen zugänglich ge-
macht hat. In den 20 Bänden Selected relics of Japanese art, den über
200 Heften der Kunstzeitschrift Kokka, den 23 Jahrgängen der Kunstzeitschrift
Bijutsu Gaho, den 3 Bänden Toyei Shuko, den 20 Heften Nanshu Maigain, den
% Bänden Miyozeki Zuroku Kanga sind so viel tausend Blätter ostasiatischer
Kunst in vortrefflichen Lichtdrucken und Farbenholzschnitten wiedergegeben, dab
wir ein gutes Bild zwar nicht von dem Lebenswerk der einzelnen Maler, wohl
aber von dem Stile der verschiedenen Schulen erhalten. Dieses Reproduktions-
material in Verbindung mit den Kopien, Schulbildern und vereinzelten Originalen
in den europäischen und amerikanischen Sammlungen gibt ein Studienmaterial
von hervorragender Reichhaltigkeit.
Binyon, der feinsinnige Verwalter der ostasiatischen Sammlung im British
Museum, hat als erster eine Beurteilung asiatischer Malereien unternommen. Er
führt uns in die Geisteswelt der ostasiatischen Künstler ein und würdigt vom
modern ästhetischen Standpunkt aus einzelne Qualitäten der dortigen Kunst;
eine eigentliche Geschichte der Kunst will Binyon nicht geben. — Damit ist die
europäische Literatur über die hohe Kunst Ostasiens erschöpft.
In den oben zitierten japanischen Illustrationswerken sind die Bilder mit
kunstkritischen Anmerkungen versehen, die mancherlei Material enthalten. Aber