Landschaft — Fischer — Frauenbild 283
sichtbar ist, das Endziel der Reise vergegenwärtigen. Es ist eine fein empfundene
Landschaft im Studium nach Ma Yuan, aber der Zeitgeist der sachlichen Er-
zählung hat die Ausführung etwas beeinflußt.
Das Motiv des Fischers im Boot haben wir wiederholt kennen gelernt.
Ma Yuan (Taf. V, A) hatte es ganz einfach aufgefaßt. Ohne eine andere land-
schaftliche Beigabe als die Andeutung der Wasserfläche war der Hauptwert auf
die feine Tönung des Wassers und die typische Stellung des Anglers gelegt. In der
Yuanzeit hatte Ma Lin (Taf. X, C)) eine reiche Landschaft gemalt und den Fischer
in die Bootshütte versteckt, es war ein großer Ausschnitt aus der Natur. Tai
Wenchin, im Anfang des 15. Jahrhunderts, behandelt (Taf. XIII, B) die Land-
schaft nur als Beigabe des schlafenden Fischers bei Mondschein. Aus der typischen
Figur des Anglers ist ein Genrebildchen geworden, das durch den Abendnebel
und die Mond-
scheibe einen ge- ET Term
wissen mystischen > | ı
Zug erhalten hat.
Das hohe Schilf ist
mehr dekorativ an-
geordnet, als nach
der Natur gemalt.
Der Ruhm die-
ses Malers drang
bis zum Kaiser,
der ihn an die
Akademie berief. Abb. 245 Gebirgslandschaft, Fächer in leichten Tönen auf Papier, etwa 16 em hoch,
Dort hatte der von Chou Chen, um 1500
Maler Hsieh Huan (Aus Tajima, Selected relies of Japanese art, Bd. XVI)
sroßen Einfluß und
viele Ehrungen. Aus Neid oder anderen Gründen wollten die Kollegen den Neu-
berufenen wieder beseitigen und intrigierten gegen ihn, bis er wirklich vertrieben
wurde. Die Ursache zu diesem Erfolg ist für die Anschauung der Zeit sehr charakte-
ristisch. Tai hatte einen Angler in rotem Gewande gemalt, aber der Herr Akademiker
Hsieh erklärte, da das rote Gewand das Zeichen eines hohen Würdenträgers wäre,
sei es absurd, einen Angler im Staatsgewande zu malen. Die von Tai bevorzugte
Freude an der Koloristik konnte gegen die Korrektheit der Akademiker nicht auf-
kommen. Hsieh Huan starb reich und berühmt, Tai Wenchin dagegen in Armut
und vergessen; erst nach seinem Tode wurden seine Bilder gesucht und berühmt.
Töne im Stile der alten Zeit finden wir auf einem Frauenbilde (Taf. XIII, A)
von dem berühmten Tang Chin, der von 1466 bis 1524 lebte. Die ernste
Linienführung des Baumes und der Felsen zeigt die Pinselführung der nördlichen
Schule. Die Landschaft ist dekorativ arrangiert, um das Bild der einsamen Frauen-
sestalt inhaltlich interessanter zu gestalten und harmonisch in Farbe und Linie zu
umgeben. Der blühende Pflaumenbaum hat zugleich eine symbolische Bedeutung.
Tang Chin wird auch ein vom Jahre 1508 datiertes Bild im Grassi-Museum zu
Leipzig zugeschrieben, das eine Göttin über dem Drachen in Wolken darstellt. !)
Chou Chen war der Lehrmeister von Tang Chin, hat aber niemals den
Ruf seines Schülers erreicht. Als Tang Chin so mit Bestellungen überhäuft war,
daß er sie nicht alle ausführen konnte, soll er viele Bilder von seinem Lehrer
haben malen lassen und sie nur signiert haben. Von Chous Hand sind einige
zierlich gezeichnete Landschaften erhalten (Abb. 245). Für die Schilderung der
1) Abbildung in Woermann, Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker, Bd. I, 8.533.
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