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Ainos — Töpfereien Ef
Wie weit die ungeheuren Ländereien zwischen dem Kaspischen Meere und den
japanischen Inseln einst bewohnt waren, wissen wir nicht. Die dort hausenden
Völker haben im Laufe der Jahrtausende in ihrem unruhigen Berg- und Steppen-
leben sich zu verschiedenen Volksstämmen und Staaten verbunden und wieder
gelöst. Wanderungen und Eroberungszüge mengten die Rassen durcheinander, und
immer wieder lösten sich einzelne Stämme aus diesem unerschöpflichen Völkerreservoir
und drangen bis in das Herz von Europa und bis nach Indiens fruchtbaren Tälern.
Jedenfalls zeigen die Spuren der von der gesamten übrigen Bevölkerung Nord- und
Östasiens stark abweichenden kaukasoiden Rasse, daß sie einst weite Distrikte in
Asien bevölkert haben werden.
Vielleicht war ein westlicher Volksstamm nach Osten ausgewandert und später
von nachdrängenden Völkern zersprenst, so daß einzelne Teile sich mit den Eroberern
vermischten, andere nach Norden und. Westen auswichen und wieder andere über das
Festland hinaus auf die östlichen Inseln flüchteten, wo sie jahrtausendelang un-
gestört vor feindlichen Verfolgungen sich ausbreiten und die mitgebrachte Kultur
konservieren konnten.
So sind auf den fernen Inseln Japans Formen und Ornamente erhalten, die
sich von der bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückdatierten chinesischen Ornamentik
wesentlich unterscheiden und offenbar einer ältere Kulturschicht angehören. Eine
Vermischung dieser steinzeitlichen mit der als älteste aus China bekannten Bronze-
ornamentik hat sich im Amurgebiet vollzogen. !) Die steinzeitlichen Motive an der
äußersten Grenze des dünn bevölkerten und unzivilisierten nördlichen Ostens müssen
von einer Urbevölkerung des Festlandes herstammen, denn im übrigen Asien ver-
drängte der spätere Bronzestil alle früheren Formen, und eine Verbindung der Ainos
mit dem Festlande nach dem 2. Jahrtausend v. Chr. kann nicht angenommen werden,
da sonst die Ainos das Metall kennen gelernt hätten.
Wir können daher annehmen, daß in der Steinzeit Asiens, spätestens im 3. Jahr-
tausend v. Chr., ein westlicher kaukasoider Volksstamm die ersten Anfänge einer
Kunst nach Ostasien gebracht hat.
Die Sitten dieses Nomadenstammes werden sicher anders gewesen sein, als
die der späteren seßhaften Ainos auf japanischem Lande. Aber die eigenartige Or-
namentik der Töpfereien, die in der späteren Zeit weder in China noch in Japan
vorkommt, muß mitgebracht sein, um so mehr, da es sich nicht um einfache Linien-
und Punktverzierungen handelt, sondern um ein sehr reich entwickeltes System
von geschwungenen Linien, Spiralen und Oblongen, neben plastischen Buckeln und
merkwürdig gestalteten Griffen. Viele tausend Scherben sind gesammelt, aber nir-
sends kommen Menschen-, Pflanzen- und Tierdarstellungen oder Schriftzeichen vor.
Auch die Gefäßformen mit glattem Boden, die häufig den Abdruck der Matte, auf
dem der weiche Ton beim Formen stand, erkennen lassen, zeigen eine reiche, von den
späteren Arbeiten Ostasiens stark abweichende Gestalt. Die Gefäße sind ausschließ-
lich mit freier Hand geformt. Die Buckel und Griffe sind so wenig der Technik des
Tonscherbens entsprechend, daß wir die Nachahmung älterer Bronzevorbilder an-
nehmen können.
Wenn wir zum Vergleich Töpfereien aus den damaligen Kulturländern am
Mittelländischen Meere heranziehen, so finden wir in Zypern und dem frühen Mykene,
etwa aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., also der gleichen Zeit, die wir oben als die mut-
maßliche Einwanderungszeit annahmen, ähnliche reiche Spiralen- und Oblonge-
1) B. Laufer, The decorative art of the Amur tribes. Memoirs of the American
Museum of Natural History, Bd. III, Anthropology, Bd. II, Publication of the Jesup North
Paeific Expedition, 1902. — H. Schurtz, Zur Ornamentik der Aino, Internat. Archiv
f. Ethnographie, Bd. IX, 8. 233—251.