Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
12 Steinzeit 
ornamente. Auch finden wir dort bereits Kupfergefäße, die Buckel und Grifformen 
aufweisen, die den Ainostöpfereien als Vorbilder gegolten haben können. 
Für den Zusammenhang mit Westasien besonders charakteristisch sind einzelne 
roh gearbeitete kleine Tontäfelchen!) mit Augen und Nase, ohne Mundangabe, 
die in ganz ähnlicher Form als Brettidole in Zypern gefunden sind und dort als 
Symbole der Göttin der Fruchtbarkeit, vielleicht aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., 
bestimmt sind. ?) Desgleichen hat die Phallusdarstellung, 3) die noch heute bei den 
Ainos auf Gräbern vorkommt ‘) und in dem Holzstab als Würdezeichen des Dorf- 
ältesten zu erkennen ist, ihr Vorbild im Westen, da sie im späteren China in dieser 
Form nicht bekannt ist. 
Die steinernen Äxte, Schaber, Messer und Pfeilspitzen bieten keine besonders 
charakteristischen Formen und entsprechen ungefähr denen, die sich überall in der 
Welt finden. Dagegen gibt es eigentümliche Steinornamente in Gestalt von durch- 
lochten runden und viereckigen Platten, die vielleicht eine Verwandtschaft mit ähn- 
lich geformten Amuletten aus historischer Zeit in China besitzen. Auf einem chine- 
sischen Steinrelief 5) aus dem Jahre 147 n. Chr. finden wir einen Überfall des Kaisers 
dargestellt. Während ein Soldat mit Schild und Säbel zur Hilfe eilt, beschwört der 
Fürst die Gefahr durch Hochheben eines kleinen, runden, durchlochten Steines. Und 
noch heute werden derartige Scheiben als Schutzmittel gegen böse Einflüsse verehrt. 
Ebenso werden Steinplättehen der verschiedensten Formen auf der Brust sowie am 
Gürtel immer wieder erwähnt. In den alten Annalen des Shuking heißt es, daß der 
Adel fünf Arten von Zeptern aus Stein hatte, von denen die der zwei untersten Klassen 
rund mit einem Loch in der Mitte von etwa fünf Zoll Durchmesser waren. ©) Es 
handelt sich hierbei offenbar um sehr alte Überlieferungen. Die Bedeutung der von 
den Menschen der Steinzeit vielleicht für praktische Zwecke geformten Geräte war 
längst verloren, und so wurde das von den Ahnen überkommene Stück zum sym- 
bolischen -Ornament als Schutz gegen böse Geister erkoren. 
Die Verwendung der Steine zu den verschiedensten Zwecken förderte eine 
Kenntnis und Wertschätzung der verschiedenen Steinsorten. Hieraus wiederum 
entstand bei dem konservativen Geiste der Ostasiaten jene Vorliebe für besonders 
schöne und harte Steinsorten, die noch heute ein charakteristisches Merkmal des 
dortigen Kunstgeschmackes ausmacht. Niemals haben Edelsteine und Perlen die 
Bedeutung wie die Halbedelsteine Nephrit und Jadeit erlangt. Noch heute 
werden viele symbolische Gegenstände, wie z. B. das kaiserliche Siegel und das 
glückbringende Zepter, fast ausschließlich aus kostbaren Steinsorten hergestellt. 
Die häufige Darstellung von Bären als Füße bei Weihgefäßen und Toten- 
beigaben aus Ton (Abb. 45—48), die in dem chinesischen Kultus keine Er- 
klärung finden, erinnern an die noch heute bestehende Ainos-Sitte?) der Bären- 
1) Abbildung nach Morse, Shell mounds of Omori, in Münsterberg, Japanische 
Kunstgeschichte, Bd. III, Abb. 1. 
2) v. Lichtenberg, Beiträge zur ältesten Geschichte von Kypros, Taf. V, 34. 
3) Buckley, Phallieism in Japan. Chicago, The University Chicago press, 1895. — 
Schedel, Phalluskultus in Japan, Yokohama 1896. — Krauss, Das Geschlechtsleben in 
Glauben, Sitte und Brauch der Japaner. Leipzig 1907. Ein Kapitel über Phalluskultus. 
4) v. Bälz, Menschenrassen Ostasiens mit spezieller Rücksicht auf Japan. Berlin, 
Ges. f. Anthropologie 1901, mit 5 Tafeln und 6 Abbild., 8. 160, Ainosfriedhof. 
5) Abbildung bei Chavannes, La sculpture sur pierre en Chine. — Münsterberg, Ja- 
panische Kunstgeschichte, Bd. III, Abb. 71. 
6) Ein derartiger Stein ist dem Nationalmuseum in Washington von dem chine- 
sischen Gesandten Chang Yen Hoon geschenkt. Abbildung bei St. Culin, Chess and playing 
cards. Rep. ofthe U.S. National Museum 1896, S. 665, Taf. 36. En: 
7) Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte, Bd. I, S. 123. 
      
   
   
   
   
   
   
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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