Landschaftsdekorationen — Kulissen 305
zu möglichst reicher Phantasielandschaft zusammenkomponiert. »o werden entfernt
liegende Berge und Wasserfälle, Dörfer und Baumgruppen, die in der Natur schwerlich
jemals auf einen Blick zu übersehen sind, in theatralischem Aufbau vereint. In
der Yuanzeit war dieser Stil begonnen, aber die Arbeiten aus der Zeit wirken einfach
(Abb. 224—228) gegenüber der zierlichen Durchführung und der Überladung in
der späteren Mingzeit. Die Anhäufung der Motive gestattete nicht den niedrigen
Horizont der Sungbilder (Abb. 170—174), auch nicht die Wirkung der Raumtiefe
durch den Blick aus der Vogelperspektive, wie sie schon Wang Wei (Abb. 146) an-
gewendet hatte, und daher erscheinen die Landschaften der späteren Mingzeit
flach und unnatürlich.
Künstler wieHsieh Chin, ein Hofmaler des Kaisers in der Mitte des 16. Jahr-
hunderts (Abb. 268), oder Wu Tan mit dem Beinamen Chung Pei sind ebenso ge-
schickt in der Pinselführung wie geschmackvoll in der Komposition. Die gewaltige
Gebirgsszenerie des letzteren (Abb. 269) ist von grandioser Wirkung, und die ein-
zelnen Bergspitzen und Bäume sind in feinster Technik ausgeführt, aber dennoch
ist das Ganze eine Theaterkulisse ohne Tiefe, ohne Luftperspektive, ohne einheit-
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Abb. 272 Berglandschaft, schwarzweiß, Teil einer Bilderrolle, etwa 25,5 em hoch, gezeiehnet: Chang Shuitu, 1638
(Aus: Tajima, Selected relies of Japanese art, Bd. XIV)
liche Stimmung, ohne Seele. Hierüber kann uns alles raffinierte Können der
Meisterhand nicht hinwegtäuschen.
In diesem Dekorationsstil hat Lan Tienhsü Gebirge und Bäume (Abb. 270)
in schmalem, hohem Format ausgeführt, bei denen die aus „Wolken hervor-
tretenden Bergspitzen ebenso kräftig und tiefschwarz wie die Bäume des Vorder-
orundes gemalt sind. Der Künstler hat ganz das Gefühl für den früher in
zarten Tönen verschwimmenden Hintergrund verloren; er will nur die Fläche
geschmackvoll dekorieren, aber keine Landschaft nach der Natur malen.
Noch stärker sehen wir diesen Stil auf einer anderen Malerei in hohem Format
(Abb. 271), auf der die steilen Berge nur im gerundeten Linienrhythmus des
südlichen Stiles ornamental angedeutet sind. Leichte Wolken trennen die vier-
fach übereinander getürmten Kuppen, deren oberste geradeso stark hervortritt
wie die unterste.
Andere Bilder sind im gleichen Stile statt in die Höhe in die Breite gemalt.
Chang Shuitu in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war am kaiserlichen Hofe
sowohl als Kalligraph wie als Maler berühmt. Wir sehen auf dem Ausschnitt
einer Bildrolle (Abb. 272) Texte mit Landschaften abwechseln.
Mit keckem, etwas eckigem Pinselstrich ist eine Bootfahrt bei Wind und
Regen gemalt (Abb. 273). Allerdings ist der Regen fast nur an den Regen-
schirmen und der Wind nur an den gekräuselten Wellenlinien zu erkennen, aber
dafür dringen Sonnenstrahlenbündel durch die Luft und beleuchten die Wasser-
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte 0