Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

  
  
VII. Mandschuzeit 
Thsingdynastie — 1644 bis heute 
Die Mandschuren, die einst (8. 255) von dem Sungkaiser mit Hilfe der 
Mongolen nach ihrer nördlichen Heimat zurückgetrieben worden waren, fingen (1623) 
wieder an, nach dem Süden vorzudringen, die Länder zu verwüsten und Plün- 
derungszüge zu unternehmen, die sich 1629 bis Tientsin und Peking ausdehnten.. 
Als sie in Jahresfrist mit Mühe zurückgetrieben waren, brach gleichzeitig in Shansı 
eine große Hungersnot aus. Das Volk wurde von den habgierigen Beamten nicht 
unterstützt, es schritt zur Selbsthilfe, und die Hungernden zogen raubend durch 
das Land. Alle unzufriedenen Elemente schlossen sich an, um den Beamtendruck 
abzuschütteln. So entstand heller Aufruhr. Zwei Anführer leiteten die Massen, 
von denen der eine nach Westen, der andere nach Norden marschierte und Peking 
eroberte. Der letzte Mingkaiser gab sich selbst den Tod. Die Eroberer hausten 
im eigenen Vaterlande schlimmer als die Barbaren. Willkür und Geldgier, Er- 
pressungen und Morde waren an der Tagesordnung. Durch die Schriften der nm 
China weilenden Jesuiten sind wir über diese Revolution und ihre Schandtaten 
genau unterrichtet. 
Der Kommandant der kaiserlichen Truppen an dem großen Wall im Osten 
lehnte die Aufforderung zur Unterwerfung ab und rief die Mandschu um Hilfe an. 
Obgleich der Bündnisvertrag dahin lautete, daß die Mandschu für ihre Hilfe nur 
alles Gut und Geld, das vorgefunden würde, erhalten und das Reich ungeschmälert 
der Mingdynastie verbleiben sollte, wiederholte sich dasselbe Schauspiel wie einst 
bei der Mongolenhilfe. Der Sieger blieb im Lande und machte sich zum Kaiser 
von China. Zwanzig Jahre lang wogte noch ein blutiger Kampf gegen ver- 
schiedene Gegenkaiser und Rebellen durch das Reich, bis die Mandschu ihres 
Besitzes sicher waren. Selbst unter der ruhmreichen Regierung des kunst- 
liebenden Kaisers Kanghi (1662—1723) mußten immer wieder Aufstände unter- 
drückt werden. 
Unser Landsmann aus Köln, der Jesuit Johann Adam Schall, war schon 
vom letzten Mingkaiser als Hofastronom angestellt gewesen und wurde in seinem 
Amte von den neuen Herrschern bestätigt. Er richtete die Sternwarte!) in Peking 
ein und wurde ein Freund und Berater des Kaisers. Später wurde der Belgier 
Ferdinand Verbiest zum Vizedirektor der Sternwarte ernannt. Die Holländer waren 
als Handelsleute in Formosa (1624) angesiedelt, die Portugiesen seit früherer Zeit 
in Macao. Der erste politische Vertrag mit einer Macht Europas, mit Rußland, 
wurde wegen Grenzstreitigkeiten im Amurgebiet (1689) abgeschlossen. Die Jesuiten 
erlangten einen großen Einfluß am Hofe, und zahlreiche Missionare waren im Lande: 
tätig. China war mit der Kultur des Abendlandes in intime Verbindung gekommen, 
und die Kunst, besonders das Kunstgewerbe und die Architektur, hat vielerlei 
1) Abbildung s. Kapitel über Architektur in Bd. II. 
     
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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