Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

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Philosophie — Konfuzius 33 
und tiefen Gedanken ist seine sehr einflußreiche Lehre — der Taoismus — von 
Zauber und Aberglauben später so völlig überwuchert, daß sie keine Religion in 
unserem Sinne darstellt. Seine Einwirkung auf die Kunst ist herzlich unbedeutend; 
erst später werden buddhistische und andere Kunstformen vom Taoismus einfach 
übernommen und nur inhaltlich, nicht ästhetisch, etwas umgeformt. 
Von tiefgreifender Wirkung sind die klassischen Werke von Konfuzius 
(551—501 v. Chr.). Er beschäftigt sich nicht mit übersinnlichen Dingen. Seine 
Lehren vertreten moralische Grundsätze, aufgebaut auf der Ahnenverehrung und 
der natürlichen Voraussetzung, daß die Ahnen durch ein tugendhaftes Leben der 
Verehrung würdig waren. Wie wir von der „guten alten Zeit“ sprechen, so ergehen 
sich die chinesischen Schriftsteller immer wieder in dem Vergleich der bösen Menschen 
in der Gegenwart mit den guten und edlen der Vergangenheit, aus deren wahren 
oder erdichteten Handlungen sie die Lehren für die Gegenwart ableiten. 
Die sogenannten „klassischen Bücher‘ sind eigentlich gar nicht von Konfuzius 
selbst geschrieben. Die „Fünf Kanonischen Bücher“ (Wuking) stammen aus der vor- 
konfuzianischen Zeit und sind nur von ihm gesammelt, redigiert und herausgegeben, 
während die „Vier Bücher‘ (Szeshu) erst nach seinem Tode geschrieben sind und 
sich mit seinem Leben und seinen Lehren befassen. Ich stimme Hirth vollkommen 
bei, wenn er glaubt, daß viele der Gespräche in dem „Kanon der Urkunden“ (Shuking) 
erst von Konfuzius erfunden und gleichsam in dramatischer Form den Alten in den 
Mund gelegt sind, um besser zu wirken. Neben diesen Annalen der chinesischen 
Reichsgeschichte veröffentlichte er auch die Annalen seines Vaterstaates Lu unter 
dem Titel „Frühling und Herbst“ (Chuntsiu). Diese Geschichtsbücher bilden im 
wesentlichen die Grundlagen unserer Kenntnis aus der alten Zeit, da ältere Texte, 
die wahrscheinlich existiert haben werden, verloren gegangen sind. Die nüchterne 
und sachliche Schilderung hat der Kunst viele Vorbilder gegeben, aber ihre Darstellung 
bleibt meist ebenso sachlich erzählend wie der Text. Konfuzius fehlte die Phantasie 
des Dichters, er war Verwaltungsbeamter im praktischen Leben, und daher sah er 
nur die nackten Tatsachen und verkittete sie mit weisheittriefenden Sentenzen, um 
pädagogisch zu wirken. Wenn Konfuzius ein Homer gewesen wäre, hätte die Kunst 
vielleicht eine Entwicklung wie in Griechenland genommen. 
Das von Wönwang (1182—1135 v. Chr.) verfaßte und ebenfalls den Konfuzius- 
büchern zugehörende Werk „Das Buch der Wandlungen“ (Yıking) hat eine große 
Bedeutung für die symbolische Kunst in China erlangt. In ihm ist in oft mysteriöser 
Weise der Dualismus der Welt, das männliche (yang) und weibliche (yin) Prinzip, 
auseinandergesetzt. Alles Gute und Große in der Welt ist männlich und alles andere 
ist weiblich. Himmel und Sonne ist männlich, aber Erde und Mond weiblich. Als 
eine symbolische Darstellung dieser Idee ergeben sich die acht heiligen Zeichen 
(Pakua), die ein sehr häufiges Symbol des chinesischen Kunstgewerbes sind. Die 
gerade Linie bedeutet das männliche, die geteilte Linie das weibliche Prinzip. 
Jedes Element in der Welt enthält ein gewisses Verhältnis von yang und yin, 
woraus sich folgende Zusammenstellung ergibt: 
Himmel or Beuer, biekt, Hitze 
= she ———— Wasser, flüssiges Element 
zes Donner Sr Dampı 
==; == Berge und Häsel = a Wid 
Diese spezifisch chinesische Art, philosophische Gedanken durch symbolische 
Zeichen auszudrücken, bewirkte in seiner umgekehrten Wirkung, daß in der 
späteren Zeit jedem Zeichen und Bilde wiederum philosophische Beziehungen 
unterlegt und recht oft willkürlich hineingeheimnist wurden. 
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte 3 
    
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
   
	        
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