Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

   
Bücherverbrennung — Kaiserpalast — Hausbau — Glas 71 
haben. Dieser unklare Vergleich läßt jedenfalls das Abweichen von der Tradition 
erkennen und die Einführung von etwas Neuem. Jetzt steht nur noch ein Erd- 
wall als Rest der zweitausendjährigen Stadtmauer. 
Der in dem gleichen Jahre in der Stadt erbaute Kaiserpalast — Weiyangkung— 
wurde nicht mehr wie bisher in der Mitte der Achse, sondern in der Südwestecke 
angelegt und in solchen Dimensionen, daß der Kaiser zuerst ungehalten war und 
erst durch den Hinweis, daß nur ein solcher Palast eines Kaisers würdig sei, be- 
schwichtigt werden konnte. Warum aber war bei dem konservativen Sinne der Chi- 
nesen nicht ein Palast im Umfange derer von den alten Kaisern genügend? Warum 
wurde nicht der alte Grundriß der Mittelachse beibehalten? Dieser neue Geist 
ist nur erklärbar, wenn der Ruf von fremden Herrscherpalästen nach China ge- 
drungen und dadurch eine neue Mode entstanden war. 
Alle weiteren Einzelheiten zeigen diesen neuen Geist. Nicht mehr stand der 
Palast auf dem niedrigen steinernen Unterbau in der Straße, sondern auf einer künst- 
lichen Anhöhe, die die Stadtmauer überraste. 
Unter den einzelnen Gebäuden der ‚neuen‘ Zeit wird besonders der gerühmt, 
welcher für die zur Kaiserin erhobenen Tänzerin 16 v.Chr. erbaut wurde. ‚Die inneren 
Gemächer waren zinnoberrot bemalt, die Decken rot lackiert. Die einzelnen Teile 
der Wände wurden durch vergoldete Klammern aus Kupfer zusammengehalten, die 
Treppen waren aus Marmor. Auf den Balken waren sich schlängelnde Drachen und 
Schlangen geschnitzt, und zwar war ihre Schuppenhaut naturgetreu nachgebildet.‘‘ 
„Mit goldenen Ampeln, eingelassenen Halbedelsteinen, Perlen und Federn des Königs- 
fischers waren die Wände geschmückt. Alle Vorhänge waren aus Perlen, alle Fenster 
und Türflügel aus Glas, welches zu jener Zeit an Kostbarkeit mit Edelsteinen gleich 
hoch geschätzt wurde. Als besonderer Vorzug derselben wird gerühmt, daß es so 
durchsichtig sei, daß auch das feinste Haar nicht dahinter verborgen bleibe.‘ !) 
Wir hatten Glas als römischen Handelsartikel bereits (8. 52) kennen gelernt. 
Zum Schmuck des Palastes gehören auch Malereien. Der Kaiser ließ die 
Porträts von zwölf besonders geschätzten Beamten malen und in einer Halle 
aufhängen. Nichts wird uns über Stil und Technik berichtet, aber offenbar sind 
noch nicht die ästhetischen Werte, sondern die sachliche Erzählung, ähnlich wie 
bei den Steinreliefs, maßgebend (s. 8. 77). 
Noch in der Sungzeit waren zehn je über 30 Fuß hohe Erdschüttungen auber- 
halb der Stadt vorhanden, auf denen als Fundament sich einst die Hallen eines Pa- 
lastes des Kaisers Wuti (104 v. Chr.) erhoben. Mit den anderen Palästen in der Stadt 
war er durch Hochbauten verbunden, die über die Stadtmauer und den Stadtgraben 
hinweg gingen. Auf diesen breiten Brücken konnten die kaiserlichen Wagen fahren 
und auf gleichartigen Bauten die Fahrgalerien eines 500 Fuß hohen Tempels erreichen. 
Erinnern derartige kühne Bauten nicht an römische Aquädukte, fahrbare Rampen 
und Galerien? 
Auch der bürgerliche Hausbau hat sich in der Hanzeit, verändert. Aus 
den Steinreliefs (Abb. 25) kennen wir den offenen Hallenbau in Holzkonstruktion 
mit Schindeldach,?2) der wohl besonders für offizielle Empfänge benutzt wurde. 
Dagegen war das Wohnhaus geschlossen, wie alte Grabfunde (Abb. 69) zeigen. 
Das glatte, mit schweren Balken belastete Satteldach, die durch Balkenkon- 
struktion gestützten fensterlosen Seitenwände, der erhöhte, freiliegende Fußboden 
und die nach außen zu öffnende hohe Türe können wir als Eigenarten des Prä- 
1) Forke, Von Peking nach Ch’ang-an und Lo-yang, S. 112 u. ff., denen die folgenden 
Ausführungen entnommen sind. 
?) Chavannes, La sculpture sur pierre en Chine, Taf. XX; auch in Münsterberg, 
Japanische Kunstgeschichte, Bd. II, Fig. 4. 
      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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