Full text: Vorbuddhistische Zeit. Die hohe Kunst: Malerei und Bildhauerei (Band 1)

    
Hausurne — Wassermühle — Götterbild — Tore — Löwe 
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fahne auf der „Edelsteinhalle“. Auf dem ‚Jadetor‘“ waren alle Balkenköpfe 
mit Jade bekleidet. Auf einem anderen Tore ruhte ein drachenartiges Tier aus Kupfer, 
während vor einem anderen zwei menschliche Figuren aus Bronze standen. Von dem 
ganzen Palaste ist nichts erhalten; schon 30 v. Chr. wurde von Rebellen der letzte 
Phönix eingeschmolzen. 
Neben künstlichen Hügeln wurden auch künstliche Seen angelegt. Im Norden 
der Palaststadt war ein Pavillon auf einer Insel im See und weiter drei kleinere Inseln, 
die die „Inseln der Seligen“ darstellen sollten. An den Ufern des Sees lagen Tiere 
aus Stein gemeißelt: ein 30 Fuß langer Fisch, drei Schildkröten von je sechs Fuß 
Länge und im See ein Walfisch von 30 Fuß Länge. Wuti ließ den See 120 v. Chr. in 
einer sumpfigen Niederung ausgraben. 
Ist es nicht, als ob wir von römischen Wasserkämpfen im Zirkus hören, wenn 
berichtet wird, daß für diese Seen Schiffe von verschiedenen Arten gebaut wurden, 
in denen die Truppen Schlachten ausführten; die einen waren für Mannschaften mit 
Lanzen und Speeren bestimmt, die anderen hatten mehrere Decke für Bogenschützen. 
Und wiederum an die Prachtschiffe des Tiberius erinnert uns das Vergnügen des 
Kaisers, seine vielen Frauen auf ‚„‚Drachenschiffen‘“, mit Drachenköpfen am Bug, unter 
Musikbegleitung mit Trommeln und Flöten auf dem Wasser umherfahren zu lassen. 
Derartige Anlagen waren früher in den enggebauten Städten unmöglich. 
Auch von anderen Steinfiguren wird berichtet. So sollen zwei steinerne Ein- 
hörner von 13 Fuß Höhe, die noch vom Grabe des Shihuangti stammten, aufgestellt 
worden sein; ihre Flanken waren mit Inschriften bemeißelt. Auch Menschenfiguren, 
z. B. der Hirt und die Spinnerin, als Illustrationen einer alten Sage, standen an den 
Ufern eines Sees im Palast. Die Bronzefiguren wurden meist schon noch wenigen 
Jahren eingeschmolzen, um Geld zu münzen, aber auch von den Steinbildern ist 
nichts mehr erhalten außer einem mächtigen Löwen vom Grabdenkmal der Familie 
Wu aus dem Jahre 147, der aber auch nur als Torso neben seinem oblongen 
Fundamente liest.') Der Kopf des Löwen in seiner naturalistischen Auffassung 
weicht so auffallend von allen späteren buddhistischen Löwendarstellungen ab, 
daß wir hier ein typisches Beispiel der Hanskulptur kennen lernen, die mit der 
römischen Art eine auffallende Ähnlichkeit aufweist. Dieses wichtige Denkmal 
ist bisher von Europäern nicht beachtet und erst kürzlich durch den Japaner 
Tei Sekino bekannt geworden. 
Nach Kenntnisnahme dieses römisch-chinesischen Löwen möchte ich dem 
gleichen Stile zwei Löwenköpfe aus Bronze zuschreiben, die Fischer 2) nach 
Deutschland gebracht hat. Da bisher ähnliche Ausführungen aus Ostasien nicht 
bekannt geworden waren, so kommt Fischer auf Grund der Nachfragen bei vielen 
Fachleuten zu dem Resultat, daß diese Köpfe „zweifellos Produkte südfranzösischer 
oder italienischer Künstler“ etwa aus dem 12. Jahrhundert sind. Fischer ver- 
mutet daher, daß sie als Geschenke des byzantinischen oder römischen Hofes 
im frühesten Mittelalter nach China gelangten oder im 13. Jahrhundert durch 
die Mongolen als Beute aus Europa mitgebracht oder durch einen „spekulativen 
Seefahrer nach dem fernen Osten“ gelangt sind. Für jeden, der die Schwierig- 
keiten der Land- und Seetransporte, sowie die völlige Interesselosigkeit der 
Chinesen für alle europäischen Kunstprodukte kennt, dürfte diese Erklärung sehr 
unwahrscheinlich klingen, um so mehr, da jeder Kopf 52!/, Kilo wiegt, aus Bronze, 
1) Abbildung in Tei Sekino, Stone mortuary shrines with engraved tablets of ancient 
China under the latter Han Dynasty, Kokka, Heft 227 — vgl. Abbild. Bd.II, Abschnitt 
über Grabbauten. 
2) Fischer, Über. vorbuddhistische Steinreliefs und romanische Löwenköpfe aus China, 
Vortrag, 15: Internat. Orientalistenkongreß in Kopenhagen, T’oung-pao, 1909, 8. 585—588, 
Abb. 7—10.
	        
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