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Flächenornament — Motivenschatz 115
Eine genaue Entwicklung dieser verschiedenen Motive ist nicht feststellbar
und die von Wang Fu, dem Verfasser des Pokutulu, versuchte Einteilung in
Arbeiten der Shang- (1766—1122 v. Chr.) und der Chouzeit (1122—249) ıst durch
nichts bewiesen. Als sicher können wir nur annehmen, daß alle diese Ornamente
in zahlreicher Variation im 1. Jahrtausend v. Chr. gegossen wurden.
Dagegen lassen sich einige weitere
Motive der letzten Periode der Chou-
zeit, wahrscheinlich nach der Berührung
mit der Kultur des südlichen Asiens
(vel. Bd. I, 5. 89), also frühestens seit
dem 4. Jahrhundert v. Chr., feststellen.
Als neues Motiv tritt die Pflanze
auf, allerdings nur selten und nicht
bestimmt erkennbar, und gleichzeitig
wird eine elegante ranken-
artigeDekorierung angewendet
(Abb. 153, /), die gegenüber der
massigen und steifen Ornamentik der
älteren Zeit ein ganz anderes Stilgefühl
zeigt. Die Formen werden graziöser,
weicher und unruhiger. Einzelne
Abb. 155 Opfergefäß, Vase mit drei Füßen, antikes . Be s . 2
Bandornament aus Pokutulu, Choustil, 1122 bis Motive späterer Arbeiten weisen direkt
249 v. Chr. auf einen Einfluß des indischen oder
{Aus: Memnon, Reichel) : a z h &
mittelasiatischen Mischstiles hin, so
z. B. das bauchige Gefäß (Abb. 156),
auf dessen unteren ÖOrnamentstreifen griechische Akanthusblätter und im den
Seitenfeldern indische Tiergestalten, darunter der Garudo mit Menschenkopf und
Greifenkörper, deutlich zu erkennen sind.
Unter dem gleichen Einfluß scheinen auch die eleganten Vogelzeichnungen
(Abb. 189, a) und die in abgepaßtem Muster über
die ganze Fläche verteilten Bandverzierungen
(Abb. 192) aufgekommen zu sein.. Wenn man
letztere mit der daneben abgebildeten (Abb. 191)
vergleicht, so wird man leicht an der Linien-
führung der Silhouette, an der Form und
Durchführung der Verzierungsfläche, der Orna-
mentik und der Henkel den Unterschied .der
Stile erkennen.
Auf den archaischen Bronzen fehlt. voll-
kommen der Mensch, die Landschaft und,
mit der seltenen, oben erwähnten Ausnahme
aus der jüngsten Chouzeit, die Pflanze. Es fehlt
jedes Streben, neue Formen oder Motive aus der
Natur zu entlehnen. Ein konservatives Fest-
Abb. 156 Kugelgefäß mit ausladen-
halten am Glauben und an seiner formalen dem Hals, Drachengriffe, reiche Tier-
. ; .: ik, Bronze, Tangstil
Kunstsprache konserviert die alte Tradition und ee
gestaltet sie zum unabänderlichen Kanon. (Aus: Seishin Kokkan)
Wir werden sehen, daß neue Ausgestaltungen
dieses Motivenschatzes in verschiedenen Zeiten erfolgen, aber eine
Bereicherung der Bronzeornamentik findet bis zur Hanzeit überhaupt nicht
statt, und auch dann bleibt der alte Stil für Kultgefäße beibehalten und so fort
bis zum heutigen Tage. Daher können wir aus der Zeichnung eines Orna-