Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Schüsseln — Hohe Vasen für Flüssigkeiten 127 
die sonst den antiken Bronzen fremd sind, z. B. Fischpaare, stilisierte Schriftzeichen 
in eckiger Form, stilisierte Vögel in Art der Dachziegel mit Reliefkonturzeichnung. 
Diese Schalen wurden auch schon in antiker Zeit als Weihgefäße benutzt, da die 
große Fläche besonders für Inschriften geeignet ist. !) 
Eine für China sehr charakteristische Form ist die bauchige Schale (Abb. 188, a) 
mit nach innen gebogenem Rand auf drei Knopffüßen. Sie ist in Bronze in allen 
Dimensionen vom kleinen Handgefäß bis zum Durchmesser von mehreren Metern 
gegossen und später in Seladon und Porzellan oft nachgeformt worden. 
Hohe vasenförmige Gefäße 
Vielleicht das Edelste des chinesischen Bronzegusses sind jnehohenOpfer- 
vasen (Yu) für Flüssigkeiten, die, in Porzellan später nachgebildet, vor- 
bildlich für die europäische Vasenformung der letzten Jahrhunderte geworden 
sind. Aus der antiken Zeit sind zahlreiche Tonwaren gefunden, deren Formen die 
Vorbilder gewesen sein dürften. Es scheinen gegenseitige Beeinflussungen beider 
Techniken vorzuliegen, denn z. B. die Reliefhenkel in Ton sind wiederum der 
Bronze nachgeformt. Während die Opfergefäße für Fleisch und Korn ihre Grund- 
formen der primitiven Zweckform verdanken und immer gewisse einfache Linien- 
führungen beibehielten, hat sich bei den Vasen eine ästhetische, oft recht kom- 
plizierte Ausgestaltung entwickelt. Daher ist auch die Vielseitigkeit der Ausführung 
reichhaltiger als bei den übrigen Opfergefäßen. 
Allen Formen gemeinsam (Abb. 189) ist die Dreiteilung: ein ausgebuchteter 
Kessel, ein Randfuß und der Hals. Letzterer ist höher oder kürzer, schmäler oder 
breiter, gerade oder gebuchtet, am Rande oben oft ausgebogen oder gerade. Viele 
Vasen sind mit Deckel, die meisten jedoch ohne. Der Querschnitt ist meistens 
rund, aber es kommen auch ovale und vier-, ja besonders in späterer Zeit, 
sechs- und achteckige Gefäße vor. 
Wesentlich ist das Verhältnis der drei Teile der Vasen zueinander. Die 
bauchige Kesselform, die älteren Tongefäßen nachgebildet (z. B. Abb. 367) sein 
dürfte, ist der wesentliche Hauptteil als Behälter der Flüssigkeit. Zur Stütze der 
gerundeten Form dient der Fuß, zum Ausgießen der Flüssigkeit der Hals. Nach 
der Wichtigkeit der drei Funktionen sind die einzelnen Teile mehr oder weniger 
betont. Spätere Ausführungen vernachlässigen die ursprüngliche Idee der Zweck- 
mäßigkeit und betonen entweder den Hals oder die Henkel in ganz übertriebener 
Weise (Abb. 196) und zerstören dadurch, trotz aller technischen Virtuosität, die 
sroßzügige, wuchtige Gesamtwirkung. 
Das gleiche gilt auch für die Ornamentik. Wie bei den Verzierungen der 
Dreifüße (Ting) belebt auch hier bei den antiken Arbeiten die Ornamentik nur 
diskret die Fläche. Je jünger der Guß, desto stärker drängen die Einzel- 
ornamente und Einzelteile sich vor und desto mehr wird die monumentale, ein- 
heitliche Wirkung aufgehoben. 
Statt einer Synthese von Zweck, Form und Dekor, wird in jüngerer Zeit 
ein Nebeneinander von lose aneinandergefügten Einzelheiten gegeben. 
Der Guß der Vasen ist: meist sehr massig, aber es kommen wohl 
auch dünnwandige Bronzen vor. Qualität und Färbungen sind sehr ver- 
schieden. Besonders wichtig ist die Feststellung, ob der Boden in einern Stück 
1) Bushell, Chinese art, Fig. 49, 50, Weihgefäß mit Inschrift im South Kensington 
Museum, s. S. Abb. 49. 
 
	        
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