230 Töpferei — Hanzeit
Reiterfiguren und Berggelände. Im wesentlichen sind es ganz bestimmte Typen in
stilisierter Auffassung, die sich stets wiederholen. An anderer Stelle haben wir die
dekorierten Verzierungsstreifen und ihre Motive bereits eingehend kennen gelernt
(Bd. I, 8. 6064). Es sind meist Jagdszenen. Reiter, die, nach rückwärts ge-
wendet, den kleinen Bogen auf Eber und Hirsche abschießen, jagen, von Hunden
begleitet, im fliegenden Galopp über ein ornamental aufgefaßtes Berggelände hinweg.
Daneben kommen phantastische Tiere, Löwen, Tiger- (Abb. 371, 375) und Drachen-
oestalten, Vögel, Schlangen und Affen vor (Bd. I, Abb. 47—52, 55—57).
Die den Jagdszenen häufig zwischengefügten Tierköpfe mit Ringerifien im
Relief (Bd. I, Abb. 55—57) lassen auch hier auf Bronzevorbilder schließen, aber
aus China sind uns bisher keine Bronzen mit Menschen- und Tierbildern bekannt
geworden. Die Ausführung weicht in vielen Beziehungen von dem sonstigen Stil der
Chou- und Hanzeit ab. Dagegen finden wir Jahrhunderte später in Persien Silber-
oefäße mit getriebenem Relief, die eine ferne Ähnlichkeit in Auffassung und Motiven
mit den vorliegenden Töpfereien haben. Wir können daher annehmen, daß verschollene
Vorläufer dieses persischen Sassanidenstiles auch
das Vorbild für die chinesische Dekorierung gegeben |
haben. Die Türkvölker Zentralasiens werden die
Vermittler gewesen sein. |
Das zylindrische Gefäß (Abb. 375) und der IA
kunstvoll ausgestattete Bergdeckel (Abb. 371, |
Bd. I, Abb. 47), den wir bereits in der Bronze- \
ausführung (Abb. 172) kennen gelernt haben, sind
weit gewanderte Formen, die ähnlich im alten
Rom, in Indien und in Ostasien vorkommen und
sicher viel ältere Vorbilder gehabt haben.
Abb. 875 Zylindrische Schale mit Die einfachen Trinkschalen (Abb. 1), die uns F
\ Wellenmotiven und Löwen in Relief, & 2 I 2 = = |
Steingut mit grün irisierender Glasur, nicht in Originalen, aber auf Abbildungen über- |
) Hanstil : ’ : : >
(Aus: Hays Aulktondkatalop; kommen sind, weisen jene unten sich verjüngende
Bd. II) Becherform (Abb. 390,«) auf, die bis zum heutigen
Tage erhalten ist. \
Einige Vasen in ihrer korrekten, kreisförmigen Rundung, besonders auch die Rillen,
beweisen die Anwendung der Drehscheibe. Auf den Gefäßscherben wurden aus Hohl-
formen gedrückte Tonkuchen, die je nachdem Umfange des Gefäßes ganz oder teilweise
wiederholt wurden, oder freihändig in Tonschlempe geformte Reliefs aufgelegt. !)
Das Material des Scherbens ist ganz verschieden. Meistens ist es ein
fein geschlemmter weicher Ton in grauen Farbennüancen; die leicht gebrannte Masse
von geringem Gewicht ist weich und bröckelig. Aber daneben kommen auch schwere
Tonarten mit dicker Wandung vor, und Laufer hat auch hart gebrannte Scherben,
also eine Art Steingut, gefunden. In der reichen Sammlung von Hangefäßen im
Boston-Museum haben Curtis und Kershaw, die kenntnis- und erfolgreichen Leiter,
vier verschiedene Arten des Scherbens unterscheiden können. Unser Material ist |
bisher zu gering, um ein vollständiges Verzeichnis der Techniken aufstellen zu können. Ih
Meist sind grüne Farben, von hell bis dunkel, in zahlreichen Nüancen gewählt. Wahr- A
scheinlich sind erst im Laufe des ersten Jahrtausends die oft prächtig leuchtenden
Glasuren entstanden. Ob bei der Wahl der Farbe die verhältnismäßig einfache
Technik oder aber die Wiedergabe der grünen Patina des Bronzevorbildes von Einfluß
gewesen ist, läßt sich nicht feststellen. Vielleicht wirkten beide Motive gleichzeitig.
Ar
1) Brinckmann — Museum für Kunstund Gewerbein Hamburg, Bericht für 1909, Hamburg
1910. 8. 96 — weist auf die Ähnlichkeit mit dem technischen Verfahren in Europa hin. Die
Raerener Steinzeugtöpfereien sind mit aus Formen gepreßten Tonkuchen und die spätrömischen
Töpferarbeiten mit freihändig geformten, sich nicht wiederholenden Auflagen hergestellt.