Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

232 Töpferei — Hanzeit 
Wie die weiche und unreine Masse der römischen Gläser im Laufe der Jahr- 
hunderte von den Säuren und Wassern der Erde zersetzt ist, so daß sie eine bunt- 
schillernde, irisierende Oberfläche zeigt, so sind auch viele Hanglasuren von schönem, 
irisierendem Farbenspiel. Auch gekrackte Glasuren kommen vor, doch dürfte es 
sich noch nicht um beabsichtigte Verschönerungen handeln, sondern nur um 
Zufälligkeiten des Brandes oder wahrscheinlich um spätere Sprünge der Glasur. 
Einen ganz anderen Stil ın Technik und Verzierung weisen die Dach- 
ziegel!) auf, über deren Ursprung und Verwendung ich schon ausführlich ge- 
sprochen habe (Bd. I, S, 71-74). Wesentlich ist, daß die Hanziegel sehr widerstands- 
fähig und steinhart sind und beim Anschlagen einen guten Klang geben. Meistens 
sind nur noch die runden Abschlußplatten erhalten, die wegen ihrer Festigkeit und 
glatten Oberfläche gerne, seit etwa 1720,2) zum Anreiben der Tusche auf der Rück- 
seite verwendet wurden. Die Ziegel sind bis zum heutigen Tage ein Massenfabrikat 
geblieben, aber niemals ist die Härte der Hanzeit erreicht worden. Vielmehr 
wurde später der Hauptwert auf den Glanz der weithin leuchtenden Farbe gelegt, 
während der Scherben leichter und brüchiger wurde. Das Gewicht läßt sofort echte 
Hanstücke von späteren Nachahmungen unterscheiden. Auch sind die reliefierten 
Schriftzüge der späteren Zeit roher und weniger kraftvoll ausgearbeitet. Die Ziegel 
sind meistens 63cm lang, und die Vorderscheibe hat 13—21 cm Durchmesser. 
Bei den Töpfereien der Totenbeigaben haben wir einen eigenartigen Stil einer 
primitiven Nachbildung der Natur kennen gelernt. Bei den Vasen fanden wir den 
nationalen Bronzestil der archaistischen Zeit und bei den Kultgefäßen den mittel- 
asiatischen Mischstil mit stilisierter Menschen-, Tier- und Bergdarstellung. Bei den 
Ziegeln finden wir zum ersten Male Schriftzeichen als Kunstmotiv verwendet. Das 
kalligraphische Interesse begann immer stärker in den Vordergrund zu treten. Wäh- 
rend Konfuzius noch auf Bambusblättern mit dem Griffel ritzte, begann man in der 
Hanzeit mit dem weichen Pinsel die Worte zu malen. Auf Bronzen und Töpfereien 
(Abb. 365, c) kommen vereinzelt schwer entzifferbare Siegelschriften der Chouzeit 
vor, die in der Hanzeit zu einer künstlerischen Dekorierung ausgestaltet wurden. 
Die Dachziegelflächen (Abb.377, Bd.I, Abb.72—75) erhielten häufigeinen erhabenen 
Mittelpunkt, der an die Schnurknöpfe der runden Bronzespiegel erinnert (Abb. 270); 
aber die Einteilung der Fläche ist ganzanders. Statt der runden Kreiszonen ist stets eine 
geradlinige Einteilung gewählt, und nur vereinzelt erinnern Ringe (Abb. 376,a,b) anähn- 
liche Verzierungsmotive der Spiegel. Die Schriftzeichen sind in verschiedenster Weise, 
von der runden Schriftform («—d, g) bis zum eckigen Siegelzeichen (f), stilisiert, aber 
immer dem Flächenraum angepaßt. Das Relief ist in Formen gepreßt. Die Inschriften 
geben Glücks- und Segenssprüche oder moralische Motive, Namen von kaiserlichen 
Palästen, Tempeln und sonstigen Bauwerken sowie von Beamten und Privatpersonen. 
Hier sehen wir, wie die Befriedigung eines neu aufkommenden Bedürfnisses 
  
  
  
  
  
  
  
  
1) Rosny, Catalogue de la bibliotheque Japonaise de Nordenskiold, Paris 1883, 
Bibliothöque royale de Stockholm, Section X, S. 217 eitirt: Sin Kanga tan du 1838 
(Beschreibung der Ziegeln der Dynastien Chin und Han) und: Ko ga fu ki, 1799. (Ge- 
schichte und Beschreibung von alten Ziegeln mit Bildern). — Chavannes, Les inscriptions 
des Ts’in, Journal Asiatique, 1898, S. 517—520. — Laufer, Han Pottery S. 300-311. — 
Forcke, Die Inschriftenziegel aus der Ch’in- und Hanzeit. Oriental. Seminar 1899, Ostas. 
Studien II.S. 58. — Abbildung Nr. 376 sind aus Ch’in Han wa-tang-w£n-tsze (Werk über Ch’in 
und Hanziegelboden [wa-tang]). — Übersetzung der Ziegelinschriften bei Forcke 8. 64 u. ff. 
?) Laufer, Han Pottery, S. 301: Lin T’ung, 1721, schrieb ein Buch über Ziegel und 
er soll zuerst die Platte für Tusche verwendet haben. Seit dem 18. Jahrhundert sollen 
viele Nachahmungen für den chinesischen Markt gemacht worden sein. Auch echte alte, 
aber glatte Ziegel sollen mit Reliefs künstlich versehen worden sein. In moderner Zeit 
gibt es zahlreiche Fälschungen, die an der weichen Masse und dem geringen Gewicht 
zu erkennen sind, auch ist das Relief meistens schärfer, aber weniger gut gezeichnet. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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