Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

938 Töpferei — Tangzeit 
Begeisterte Lobsprüche wurden der neuen Technik gewidmet und Verse zu 
ihrer Verherrlichung gedichtet; aber im Vergleich mit der späteren Vollendung dürfte 
es sich um geringere Ware gehandelt haben. Wir können nur feststellen, daß eine 
allgemeine Wertschätzung der Töpfereien begann und damals die Grundlagen zu der 
späteren Entwicklung gelegt wurden. Unterstützt wurde diese Neigung durch das 
Aufkommen des Teetrinkens, das bei feierlichen Gelegenheiten mit besonderen 
Zeremonien gepflegt wurde. Für den Kult blieb Bronze das geheiligte Material, 
In einem Buche — Cha King — aus der Mitte des 8. Jahrhunderts über Tee und Tee- 
genuß werden bereits verschiedene Sorten Teetassen!) nach ihrer Qualität klassifiziert. 
Die neue Technik hatte eine bestimmte Verwendungsart im Zeremoniell des Hof- 
lebens erhalten, und damit begann das Streben nach immer kunstvollerer und tech- 
nisch vollendeterer Ausführung. Die schlichte Hausindustrie wurde ein Kunst- 
gewerbe, das in wenigen Jahrhunderten die höchste technische und ästhetische 
Vollendung erlangte und vorbildlich in der ganzen Welt, wurde. 
Unter dem Kai- 
ser Shihtsung (954 
bis 959) wurde für 
den kaiserlichen 
Hof Geschirr in 
„blau wie der 
Himmel nach dem 
Regen“ bestellt 
(S. 244). Nach 
Brinkley handelt 
es sich hierbei gar 
nicht um ein rei- 
nes Blau, sondern, 
entsprechend der 
eigenartigen chi- 
nesischen Sprach- 
weise, um eine 
x i azurblaue Nüance 
Abb. 384 Platten von einem Grabe, gebrannte Tonmischung, geometrische Muster der nn Gla- 
mit Formen eingedrückt, helle Sandsteinfarbe, etwa 50 em breit und 10—15 em suren, die nur von 
diek, von altem Grab in Honan, im Louvre, Paris, Tangzeit geschulten Ken- 
(Aus: Chavannes, Objets Chinois trouves dans la province de Honan, Bulletin 2 
des Musdes de France, 1908, Nr. 4) nern gewürdigt 
an werden konnte. 
Derartige zufällig 
geglückte Farbentöne konnten — wenn mit dem Verfertiger das Rezept verloren 
sing — nicht nachgeahmt werden, und daher entstand durch die Seltenheit eine 
ungeheure Wertschätzung. Später wurden Scherben dieses Steingutes als Schmuck- 
stücke getragen. ?) 
  
  
  
       
SS 
N 
  
  
  
1) Bahr, Old Chinese Porcelain, 1911, Taf. III, IV. Abbildungen von Kummen, 
die der Tangzeit zugeschrieben werden. Der Stil entspricht den späteren Sungarbeiten. 
2) Die literarischen Berichte der Chinesen sind oft sehr irreführend. So berichten 
Schriftsteller, daß die „blauen“ Scherben ganz dünn gewesen wären, während spätere Autoren 
besonders betonen, daß die von ihnen gesehenen, hochgeschätzten Scherbenreste nicht 
dünn, sondern dick gewesen wären. Diese Vergleiche sind so wie die Betonung der 
blauen Farbe offenbar stets relativ aufzufassen, Ein Scherben kann in der Tangzeit 
gegenüber den früheren Töpfereien als technischer Fortschritt in der Herstellung von 
dünnwandigen Gefäßen erscheinen, während er zuzeiten des wirklich dünnen Eier- 
schalenporzellans wieder dick erschien. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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