Einleitung XXI
daher auf uns Europäer eher verwirrend als klärend und dürfen nicht ohne weitere
Prüfung maßgebend sein. Ein Liebhaber für Gotik oder Renaissance mag an den
Werken des Rokoko- oder Biedermeierstiles keine Freude haben, aber die objektive
Wissenschaft hat die Verpflichtung, alle historischen Kunstströmungen gleichmäßig
zu würdigen.
Aus diesem Grunde sagte ich schon früher:?) „Lohnt es wirklich, noch ein Wort
zu verlieren über Namen, die vielleicht nur Phantasiegebilde eines modernen oder
älteren Antiquitätenhändlers sind? Namen, die nicht eine geschlossene Künstler-
persönlichkeit bedeuten und die kein feststehendes Lebenswerk umfassen !“
Unter diesen Umständen?) habe ich auf die Schreibweise der Namen der Maler
im ersten Bande sehr wenig ‚Wert gelegt, und in dem vorliegenden Buche Signaturen
und Namen nach Möglichkeit ganz vermieden. Umsomehr war ich bemüht, Gegen-
stände, deren Vorhandensein historisch nachweisbar ist, in Abbildungen zu bringen,
um feste Anhaltspunkte für gewisse Stilepochen zu gewinnen. Bei vielen Stücken
erschien mir der „Stil“ richtig, aber die Zeit der Entstehung nicht feststellbar.
In jedem Falle war ich. bestrebt, statt fremdländischer Namen mit gleichgültigen
Angaben über Lehrer, Schüler, Eltern, Wohnort und sonstige Nebendinge erklärende
Worte für die Art und die Technik in den einzelnen Zeitspannen zu geben. Statt
chinesische und japanische Annalen kritiklos in Übersetzung aneinanderzureihen,
bemühte ich mich, aus den vorhandenen namenlosen Arbeiten der Kleinkunst eine
historische Entwicklungsreihe zu konstruieren.
Zu einem reichen Anschauungsmaterial wollte ich erklärende Begriffe fügen.
Aus der Sprache der Werke selbst versuchte ich, den Geist der Stilgesetze zu
erkennen.
1) Münsterberg, Zur chinesischen Kunstgeschichte, Frankfurter Zeitung, 9. April 1911,
Literaturblatt,
2) Ich will hiermit nicht etwa sagen, daß die Feststellung der Künstlernamen und
der asiatischen Bezeichnungen an sich wertlos ist. Aber sie ist die Aufgabe von Spezial-
forschungen, die außerhalb des Rahmens meines Buches liegen. Daß selbst dort, wo die
Schreibweise von Wichtigkeit ist, Schwierigkeiten entstehen, zeigt Müller-Beeck (Orien-
talisches Archiv, Juli 1911) in der Besprechung von Kümmels kleiner Arbeit über ‚Japans
Kunstgewerbe“, bei der ‚‚die japanische Literatur“ „fast ausschließlich benutzt, aber nicht
genannt worden, weil sie nur sehr wenigen zugänglich ist“. Die Gepflogenheit, die Quellen
nicht anzugeben, macht es leider unmöglich, nachzuprüfen, ob die Fehler dem Übersetzer und
Kompilator oder den Verfassern der Originalschriften unterlaufen sind. Dieses Büchelchen
bringt eine Füile von japanischen Namen, von denen Müller-Beeck eine ganze Reihe als
falsch angewendet oder falsch geschrieben bezeichnet. Besonders muß man dem Kritiker
recht geben, wenn er über die ungenaue Liste der Zeitabschnitte sagt, daß: „solche
Tabellen nur dann Wert haben, wenn sie ganz zuverlässig sind“. Vor der Benutzung
derartiger ungenauer Nachschlagetabellen muß allerdings dringend gewarnt werden.