Full text: Die Baukunst. Das Kunstgewerbe: Bronze, Töpferei, Steinarbeiten, Buch- und Kunstdruck, Stoffe, Lack- und Holzarbeiten, Glas, Glasschmelzen, Horn, Schildpatt, Bernstein und Elfenbein (Band 2)

Erfindung des Porzellans — Persischer Einfluß 273 
In Persien finden wir den weißen Grund, auf dem die blaue Zeichnung sich 
leuchtend abhebt, aber er ist in dickflüssigem weißen Schmelz aus Zinnoxyd auf- 
getragen. In der Technik des weißen Naturscherbens ohne jeden Farbenauftrag hat 
China sein Vorbild weit übertroffen, und darin liegt auch die Ursache, daß schon 
hundert Jahre nach dem Import des ‚„‚mohammedanischen‘ Blaues die Porzellane 
Chinas in der westlichen Kulturwelt und auch in Persien gesammelt und geschätzt 
wurden. 
In China hatte man zufällig in Changnanchin, dem späteren Chingtechen, 
schon im 7. Jahrhundert als Ton eine Masse, Koalin, verwendet, die jene eigen- 
tümliche Eigenschaft besitzt, in gewisser Mischung bei genügend hoher Temperatur 
zu einem weißen, wenn nicht zu dick auch durchscheinenden, steinharten, hell- 
klingenden und glasartig brechenden Scherben, dem richtigen Porzellan, 
zusammenzuschmelzen. 
Diesen Porzellanstein gebrauchte man schon seit der Zeit des Begründers der 
Suidynastie (581—618), und deshalb wandte man das Wort „Tzu‘ für die mit diesem 
Material hergestellten Töpfereien an. Später blieb dieses Zeichen beibehalten und galt 
für alle harten Scherben mit Kaolınzusatz im Gegensatz zu „Wa“, das andere 
Materialien, wie Tonwaren, bedeutet. Aber da die Chinesen immer dasselbe Wort 
für verschiedene Qualitäten des Kaolinscherbens benutzten und nur untersuchten, 
ob der Scherben mit Eisen ritzbar war oder nicht, die Farbe jedoch unbeachtet 
ließen, so läßt sich aus der Anwendung dieses Zeichens nicht feststellen, wann zuerst 
richtiges Porzellan hergestellt worden ist. Hirth, Bushell und andere Autoren ge- 
brauchten nach dem chinesischen Vorbilde das Wort ‚Porzellan‘, wo es sich 
offenbar um Steingut oder Fayence handelt. 
Im Laufe der Jahrhunderte werden verschiedene Versuche mit der Scherben- 
fabrikation gemacht worden sein, schon weil die Temperaturen und die Mischungen 
bei den zahlreichen kleinen Öfen verschieden sein mußten, und auch weil für die 
Wirkung der Glasur der Scherben nicht ganz ohne Bedeutung war. Aber wir 
haben bisher keinen Beweis, daß früher als mit dem Aufkommen der Blauweiß- 
verzierungen ein weißer durchgefritteter Porzellanscherben hergestellt worden ist. 
(Cicerone, Juli 1911), der an Hand von neuem Material meine Annahme des persischen 
Einflusses bestätigt. 
Zum ersten Male sind die türkischen Schätze im Museum und im Palast von einem 
Fachmann gesichtet. In der Schatzkammer haben sich 4000 bis 5000 Porzellane gefunden, 
von denen eine ungewöhnlich große Zahl der Mingzeit (1368—1644) angehört. Historisch 
nachweisbare Stücke sind bisher in diesem Umfange nirgends bekannt geworden. Unter 
ihnen bilden die blauweißen Mingporzellane eine besonders wichtige Gruppe. „Wwunder- 
bar große flache Schalen“ — sagt Zimmermann —, „deren Durchmesser oft einen halben 
Meter weit überschreiten, von dicker, blendend weißer Masse und großer Formgestaltung 
finden sich hier in großer Anzahl, daneben Vasen, einige tiefe Schalen, eine große Kanne 
in altertümlicher Form, Töpfe und dergleichen mehr. Alle diese Stücke sind in Kobalt- 
blau unter Glasur bemalt, und zwar in einer sehr tiefen, stellenweise fast schwarz ge- 
wordenen; sämtliche Stücke zeigen diese Malerei mehr in breiten Linien als in aus- 
gedehnten Flächen. Ersichtlich war es damals nicht möglich, letztere einigermaßen gleich- 
mäßig durchzuführen. Was aber allen gemeinsam ist und sie wirklich zu einer Gruppe 
stempelt, ist die Größe des Stils der Zeichnung, die nie auf Porzellan in China größer 
versucht worden ist, dann ihr im Örnamentalen fast immer stark persischer 
Charakter. Fast ausnahmslos bedecken den Grund oder die breiten Ränder persische 
Ringelranken mit arabeskenartigen Blättern und großen, meist spitz 
auslaufenden Blumen, wie sie in der persischen Keramik so oft vor- 
kommen, für die es leider aber bisher, soviel ich weiß, noch keinen Namen gibt. Diese 
Ranken bestimmen zunächst den Charakter dieser Stücke. Daneben aber gibt es genug 
der rein chinesischen Motive,“ 
Münsterberg, Chinesische Kunstgeschichte II 18 
  
  
 
	        
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